Der kosmische Detektiv


Dr. Mani Bhaumik ist Laserphysiker und Angehöriger einer niedrigen indischen Kaste. Warum der Verlag seines Buches Der kosmische Detektiv uns das wissen lässt, ist mir schleierhaft. Nimmt man das Buch in die Hand, macht es außerdem stutzig, dass der Autor für die Einleitung seines Buches Amerikas peinlichsten Astronauten Edgar Mitchell gewonnen hat. Spätestens, wenn man dann erfährt, dass der Detektiv Präsident von cosmogenics.org ist, wird klar, dass die "Suche nach den Geheimnissen des Universums", so der Untertitel, auf einen Indizienprozess hinausläuft, in dem der Täter schon feststeht: Das Geheimnis des Universums liegt in einem alles durchdringenden, umfassenden Feld ("unified field"). Ihm entspringt alles, mit ihm ist alles verbunden. Wir können es als Bewusstsein bezeichnen und es ist der Ursprung aller Religion. Man muss sich jetzt nur noch die Beweise zusammenfabulieren.

Dieses Buch ist 2009 erschienen und steht doch in der alten Tradition des New Age: Mit wissenschaftlicher Begrifflichkeit soll eine Weltanschauung begründet werden, die selber nicht mehr wissenschaftlich ist, aber uns mit dem Kosmos vereint. Eine Religion ohne Gott, aber dafür alles durchwebende Felder, Bewusstsein und Intelligenz, die sich irgendwie aus der Quantenmechanik herleiten. Kleine Kostprobe aus dem Buch:
"Wenn es eine Begründung für den Glauben gibt, dass Bewusstsein ein wesentlicher Aspekt unseres Universums ist, in welcher Beziehung steht das Bewusstsein dann zur materiellen Welt heute? Ein paar Anhaltspunkte geben uns die modernen Wissenschaften. Nach der Quantenphysik beispielsweise existieren Wellen- und Teilchenaspekte gleichzeitig und untrennbar. Einstein hat auch gezeigt, dass Raum, Zeit und Felder in ihrer Exstenz großartig verflochten sind; sie können getrennt nicht existieren. Diese Beispiele erleichtern die Anerkennung der gleichzeitigen und untrennbaren Existenz zweier Grundgegebenheiten wie Materie und Bewusstsein."
Diese Textpassage verdeutlicht exemplarisch das Muster, in dem dieses Buch geschrieben ist. Wir haben die Nennung großer Namen und komplizierter Theorien und weil wir das alles irgendwie genannt haben, muss es doch leicht fallen, das Bewusstein anzuerkennen. Der gesamte Aufbau des Buches wiederholt auf der großen Ebene das Schema dieser kurzen Passage: Zunächst handelt es sich um eine Einführung in das moderne astronomische Weltbild, dann kommt ein Bruch, indem auf den wenigen verbliebenen Seiten plötzlich die Rede von "Fingerabdrücke der Schöpfung" und die "Geschichte in den Sternen" die Rede ist. Dabei ist der astronomische Teil des Buches schmerzhaft fehlerhaft. Dunkle Materie wird als schwarze Materie bezeichnet, die Internationale Raumstation ISS als Weltraumteleskop, der Satellit WMAP mit WAMP abgekürzt und Sternentstehungsregionen als Sternentstehungsstationen.

Es würde mich wundern, wenn dieses Buch eine große Leserschaft findet. Was mich ärgert sind hingegen zwei Dinge, auf die das Buch hinweist. Zum einen ist das die ärgerliche Tatsache, dass sich immerwieder namhafte Wissenschaftler finden, die ohne Skrupel in leeren Worthülsen Bücher empfehlen, die sie offensichtlich nicht gelesen haben. In diesem Fall war es Catherine Cesarsky, immerhin Präsidentin der Internationalen Astronomischen Union. Auf dieses Übel habe ich schonmal hingewiesen: Jugendliteratur für Nobelpreisträger. Mir ist es immernoch ein Rätsel, wie es dazu kommen kann.

Zum anderen wäre da die Diskussionen rund um den neuen Atheismus. In ihr wird oft eine Trennlinie zwischen naturwissenschaftlich gebildeten und ungebildeten Menschen gezogen, zum Beispiel wenn es um das Verständnis von Wissenschaftlichkeit geht. Das Problem ist aber, dass die Verwirrtheit oft genug auch in Kreisen gefunden wird, die es eigentlich besser wissen sollten. Für Esoteriker ist es kein Problem, Naturwissenschaftler aus dem Hut (oder Bücherregal) zu ziehen, die ähnlich verwirrt sind, wie sie selbst und die Pate für jede abwegige Idee stehen. Dies ist der Eindruck, den solche Bücher hinterlassen. Aber vielleicht wollte uns genau dies der Verlag ja unterschwellig mitteilen, in dem er uns Dr. Bhaumik als Laserphysiker niedriger Kaste vorstellte.

Bibliographische Angaben laut Science-Shop:

Mani Bhaumik
Der kosmische Detektiv
Auf der Suche nach den Geheimnissen des Universums
2009. 132 S. m. 62 farb. Abb.
Kartoniert
Seifert-Verlag
ISBN: 9783902406651
Kostet derzeit € 14,90

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