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Offene Sternhaufen am Winterhimmel

Das sehr markante Sternbild Orion dominiert den Winterhimmel und es markiert auch den Orionarm. Das ist ein Seitenarm unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Die Milchstraße ist eine Spiralgalaxie, deren Spiralen aus großen gewundenen Armen aus Gas und Staub bestehen. Entlang solch eines staubhaltigen Arms entstehen neue Sterne in großen Gruppen - Astronomen nennen diese Gebilde Offene Sternhaufen. Eine Spur von Haufen aus heißen bläulich-weißen Sternen markieren den Spiralarm, wie Perlen auf dem Faden einer Kette.
Diese jungen Sterne sind relativ hell und die Haufen sind so ausgedehnt, dass man sie gut im Fernglas sehen kann. Mal vermag man sie schon im Fernglas in einzelne Sterne aufzulösen, mal erscheint der Haufen als nebliger Fleck und erst das Teleskop zeigt seine wahre Natur.
Hier ist eine Serie von Aufnahmen, die ich am 23.02.2014 gemacht habe und zwar mit relativ einfachen Mitteln: Eine ganz normale Spiegelreflexkamera (Canon EOS 500D) an einem 120/900 Refraktor auf einer HEQ-5-Montierung - eine Minute belichten, keine Bildbearbeitung, fertig.
Man kann schönere Bilder machen, aber diese Serie zeigt vor allem die Vielfalt der offenen Sternhaufen aus jungen Sternen, denn die Aufnahmen wurden alle unter identischen Bedingungen gemacht. Die Bilder sind mit circa 100 Winkelminuten auch alle gleich groß.


Der Offene Sternhaufen M38 ist der westlichste einer Kette von Sternhaufen im Sternbild Fuhrmann (Auriga). Wir sehen hier etwa 100 Sterne in 3500 Lichtjahre Entfernung. Das Alter der Sterne wird auf 150 bis 360 Millionen Jahre geschätzt, was im Vergleich zum Alter unserer Sonne (4,6 Milliarden Jahre) sehr jung ist. Der helle, orange Stern links der Bildmitte ist ein G5-Riese mit der 900-fachen Leuchtkraft unserer Sonne (HD 35878). Entdeckt wurde der Sternhaufen um das Jahr 1650 von Giovanni Battista Hodierna. Der Astronom Robert Trümpler entwickelte ein Schema, um Offene Sternhaufen zu klassifizieren. M38 ist demnach vom Typ II2r, das bedeutet, er hat eine geringe zentrale Konzentration, die Sterne haben eine mittlere Helligkeitsverteilung und es sind über hundert (r bedeutet "rich").


M36 ist der östliche Nachbar von M38. Er ist am wenigsten sternreich von der Sternhaufenkette im Fuhrmann. Mit einem Alter von 16 bis 42 Millionen Jahren ist er auch sehr jung. Als die Dinosaurier über die Erde stapften, gab es ihn noch gar nicht. M36 ist 4300 Lichtjahren entfernt und etwa 15 Lichtjahre groß. Trümpler klassifiziert den Haufen als I3r: Stark konzentriert mit großen Helligkeitsunterschieden der vielen Sterne.


M37 ist der dritte in der Kette im Fuhrmann. Er ist mit 4500 Lichtjahren noch ein bisschen weiter entfernt als die beiden anderen. Trümpler vergibt eine I1r in seinem Klassifikationsschema: Starke Konzentration vieler gleich heller Sterne. Im Okular ist der Anblick von M37 ziemlich reizvoll. Die Sterne sind einzeln auflösbar, wobei der Haufen das Gesichtsfeld füllt. Das sieht aus wie Goldstaub.


Folgt man dem Spiralarm, indem man vom Fuhrmann in das Sternbild Zwillinge (Gemini) wechselt, trifft man auf den Offenen Sternhaufen M35. Das Bild oben ist allerdings auf einen viel weiter entfernten Offenen Sternhaufen zentriert, der als NGC2158 katalogisiert wurde. Im Teleskop und auf dieser Aufnahme erscheint er nur als diffuser Fleck. Der Haufen M35 hingegen ist mit 2700 Lichtjahren Entfernung relativ nah, viel näher als der mindestens 12000 Lichtjahre entfernte NGC2158.
Trümpler beschreibt M35 als III3r: Es gibt keine merkliche Konzentration der Sterne. Einige helle Sterne heben sich von vielen schwachen ab und auch dieser Haufen ist reich an Sternen.
M35 scheint von unten nach oben eine gebogene Sternkette zu durchziehen, an deren oberen Ende ein orangefarbener Stern steht. Dieser Stern bildet mit dem darunterliegenden Stern geringerer Helligkeit ein Doppelsternsystem. Doppelsterne sind alles andere als selten, die meisten Sterne haben einen oder mehrere Partner. Während sich Offene Sternhaufen allmählich auflösen, indem einzelne Sterne sich aus dem Haufen entfernen, bleiben Doppel- und Mehrfachsternsystem über ihre ganze Entwicklungszeit zusammen. Das hier mit 33 Winkelsekunden recht weit stehende Doppelsternsystem wird als ADS 4744 klassifiziert, falls jemand mehr darüber lesen will.


Im Sternbild Achterdeck (Puppis) befindet sich ein Paar offener Sternhaufen, M46 und M47. Das Sternbild steht tief im Süden und man braucht daher eine gute Horizontsicht. In dem Bild ist nur der 4480 Lichtjahre entfernte Haufen M46 zu sehen. Wer genau hinschaut sieht eine merkwürdige, ringförmige Wolke in der Mitte des Haufens. Dabei handelt es sich um einen planetarischen Nebel. Anders als der Sternhaufen markiert solch eine Struktur das Ende eines Sterns. Der planetarische Nebel ist als NGC 2438 klassifiziert und wahrscheinlich nicht Teil von M46 sondern im Vordergrund des Sternhaufens. Wie der Haufen M38 ganz oben ist auch M46 vom Typ II2r.


Zum Abschluss dieser kleinen Serie sei hier noch ein Schnappschuss von M45, den Plejaden, gezeigt. Wie man an der großräumigen Verteilung der Sterne schon erahnen kann, steht M45 uns viel näher als die anderen Haufen, nämlich lediglich in 450 Lichtjahren Entfernung. Der bläuliche Saum um die Sterne stammt von einer Dunkelwolke, die das blaue Licht der Sterne reflektiert. Mit fortgeschritteneren Aufnahmetechniken kann man diese natürlich viel schöner herausarbeiten.

Die Plejaden sind ein sehr auffälliges Objekt, aber auch die anderen Sternhaufen der Wintermilchstraße sind für kleine Teleskope und vor allem auch Ferngläser lohnende Ziele. Gerade im großen Gesichtsfeld der Ferngläser heben sich diese Sternverdichtungen von ihrer Umgebung reizvoll ab. Wie man die Objekte konkret findet zeigen zum Beispiel Bernd Koch und Stefan Korth in dem Buch Die Messier-Objekte aus dem Kosmos-Verlag.

 Hier noch ein Surftipp zu Sternhaufen und der Sache mit Trümpler

Drei Offene Sternhaufen im Fuhrmann


Der Fuhrmann (Auriga) ist ein typisches Wintersternbild, das derzeit sehr hoch am Himmel steht, noch höher als das wohl sehr bekannte Sternbild Orion. Als Sternfigur macht der Fuhrmann nicht viel her, Orion und der Stier (Taurus) sind da wesentlich beeindruckender. Dafür beherbergt der Fuhrmann den Stern Capella, immerhin der sechsthellste Stern am Himmel überhaupt. Bei dem 42 Lichtjahre entfernten Stern Capella handelt sich eigentlich um ein Doppelsternsystem - hier umkreisen sich  zwei Riesensterne (Leuchtkraftklasse III), die eine ähnliche Farbe wie unsere Sonne haben.

Man findet also das Sternbild Fuhrmann, in dem man den auffälligen Himmelsjäger Orion aufsucht und dann noch das Köpfchen etwas weiter in den Nacken legt, bis die helle Capella in das Blickfeld gerät. Diese Karte aus Stellarium zeigt diesen Himmelsanblick, den wir derzeit Abends genießen können.


Südlich der Capella durchzieht das Band der Milchstraße das Fuhrmann-Vieleck. Daher ist es nicht verwunderlich, in diesem Sternbild Offene Sternhaufen zu finden, also große Gruppen von Sterngeschwistern, denn Sterne entstehen in der Milchstraßenebene. Drei Offene Sternhaufen im Fuhrmann liegen so elegant nebeneinander, dass man sie am Teleskop oder Fernglas gerne hintereinander weg beobachtet. Da sie auch noch fast gleich weit von uns entfernt sind, lassen sie sich auch noch wunderbar miteinander vergleichen. Es handelt sich um die drei Sternhaufen mit der Katalognummer M 36, M 37 und  M 38 (der Buchstabe M bezeichnet den Katalog nebelartiger Objekte von Charles Messier). Der vergrößerte Ausschnitt aus Stellarium unten zeigt die Lage der Offenen Sternhaufen, die mit einem offenen Kranz markiert sind:


Man sieht, dass es auch noch jede Menge andere Sternhaufen gibt, die mit dem Katalognamen NGC bezeichnet sind. Auch unsere drei Sternhaufen haben jeweils so eine Nummer, da astronomische Objekte in vielen Katalogen gleichzeitig gelistet sind. Astronomen, insbesondere Amateurastronomen, lieben aber den Katalog von Messier, weshalb der mit M beginnenden Bezeichnung der Vorrang eingeräumt wird.

Wie sehen nun diese Sternhaufen aus? Dieses Foto zeigt M 36 in 4300 Lichtjahre Entfernung:

M 36, Aufnahme von Ole Nielsen, Quelle: NGC7000.org
Hier sehen wir M 37 in 4500 Lichtjahre Entfernung:

M 37, Aufnahme von Ole Nielsen, Quelle: NGC7000.org
Mit einer scheinbaren Gesamthelligkeit von 5,6 mag ist M 37 am Himmel der hellste der drei Haufen und theroretisch (wenn die Nächte wirklich dunkel wären) mit bloßem Auge sichtbar. Alle drei Sternhaufen erscheinen im Fernglas als milchiger Fleck; so schön aufgelöst in Sternen sehen sie nur im Teleskop aus.

Schließlich noch der 3500 Lichtjahre entfernte Offene Sternhaufen M 38 (aufgepasst: Unser Sternhaufen ist der große im oberen Drittel des Bildes, unten sehen wir noch den kleinen Sternhaufen NGC 1907)
M 38, Aufnahme von Ole Nielsen, Quelle: NGC7000.org
Schaut man sich diese drei Bilder an, kann man sich gut vorstellen, dass die Astronomen das Bedürfnis haben, Ordnung hineinzubringen. Eine Klassifikation muss her, die es erlaubt, die einzelnen Offenen Sternhaufen nach einem Schema zu untersuchen und anzuordnen. Eine noch heute gängige Klassifikation entwickelte der Astronom Robert Julius Trümpler (1886 - 1956). Er unterscheidet die Sternhaufen nach drei Merkmalen: Konzentration, Helligkeitsverteilung, Sternreichtum. Jedem Merkmal wird dann eine von drei Abstufungen zugeordnet. Das geht wie folgt:
  1. Konzentration: I bedeutet: starke Konzentration, Haufen hebt sich vom Hintergrund ab; II: etwas schwächer als I konzentriert, aber deutlich vom Hintergrund abhebend; III: Haufen zeigt keine merkliche Verdichtung zum Mittelpunkt; IV: Haufen hebt sich kaum vom Hintergrund ab, wirkt wie eine zufällige Anhäufung von Sternen.#
  2. Helligkeitsverteilung: 1 bedeutet: alle Sterne sind etwa gleich hell; 2: gleichmäßige Verteilung der Helligkeiten über den Beobachtungsbereich; 3: einige helle, viele schwache Sterne
  3. Sternreichturm: p für poor bedeutet: weniger als 50 Mitglieder; m für moderate: 50 bis 100 Mitglieder; r für rich: über 100 Mitglieder
Schaut man sich nach diesem Schema die drei Sternhaufen nochmals an, kommt man zu folgender Klassifikation nach Trümpler:
  • M 36: I3r
  • M 37: I1r
  • M 38:II2r
Der besonders schöne Sternhaufen M 37 zum Beispiel ist demnach also ein stark konzentrierter, sternreicher Haufen aus Sternen gleicher Helligkeit. M 36 ist nicht unähnlich, wird aber von ein paar besonders hellen Sternen dominiert. M 38 hat eine andere Anmutung, da dieser Haufen nicht so konzentriert ist. Apropos Konzentration: Wie muss man sich das denn "vor Ort" vorstellen? Der besonders hübsche Offene Sternhaufen M 37 beinhaltet über 2000 Sterne bei einem Durchmesser von 32 Lichtjahren. Zum Vergleich: In einer um unsere Sonne gedachte Blase mit 24 Lichtjahren Durchmesser tummeln sich 32 bekannte Sterne (darunter Doppelsterne, die wir mit dem Auge nur als einen Stern wahrnehmen, aber auch Sterne, die wir mit bloßem Auge gar nicht sehen können). Der Himmelsanblick in einem Planetensystem innerhalb von M 37 muss also atemberaubend sein. Dass es da schon höheres Leben gibt, ist eher unwahrscheinlich, denn die Sterne von M 37 sind gerade mal vor 350 Million Jahre entstanden.

Literaturtipps- und quellen:
Kosmos Himmelsjahr 2012
Bernd Koch, Stefan Korth: Die Messier-Objekte Kosmos-Verlag
Hans-Ullrich Keller: Kompendium der Astronomie Kosmos--Verlag