Jugendliteratur für Nobelpreisträger


"Das Buch lässt den Leser über die Wunder des Weltalls staunen und erklärt auf unterhaltsame Weise, was wir über den Kosmos heute wissen." Das ist die Meinung des Physik-Nobelpreisträgers Theodor W. Hänsch über das Buch Streifzüge durch das All von Helmut Hornung. So jedenfalls zitiert der dtv-Verlag den Nobelpreisträger auf der Buchrückseite. Als unbedarfter Buchkäufer frage ich mich natürlich,wie Herr Hänsch zu diesem Urteil kommt. Ich stelle mir vor, wie sich der Physiker nach einem anstrengenden Tag zuhause ein Gläschen Rotwein einschenkt, sich in seinem Lieblingssessel verkriecht und ein Astronomiebuch liest, das eigentlich einer Jugendbuchreihe entstammt, ein Buch für Leser von 12 bis 14 Jahren. Nein, so wird es wohl nicht sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein so gebildeter Mensch Entspannung in so einem elementaren Buch findet. Aber wie war es dann? Woher weiß Herr Hänsch, dass das Buch unterhaltsam ist und uns staunen lässt und wie kommt er dazu, dieses Urteil auf das Buch drucken zu lassen? Letztlich ist dieser Satz sowieso ein Allgemeinplatz, denn so gut wie jedes Buch hat den Anspruch unterhaltsam zu sein und zum Staunen anzuregen. Ich will hier weder Herrn Hänsch, noch dem Buch böses und ich werde mich auch sofort entschuldigen, wenn mir Herr Hänsch versichert, dass er das Buch gelesen hat. Aber ein Physik-Nobelpreisträger ist nunmal nicht außergewöhnlich qualifiziert ein Jugendbuch zu bewerten - auf das Thema Didaktik und Hochschullehre will ich gar nicht eingehen. Mir wäre es lieber, Verlage würden auf so eine platte Marketingmasche verzichten und Professoren würden sich nicht vor solch einen Karren spannen lassen. Vielmehr sollte die Aufmerksamkeit denjenigen Medien gelten, die sich um echte Rezensionen bemühen und mehr als Allgemeinplätze produzieren.

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