Keine Panik und übrigens noch was ...


Der Hitchhiker’s Guide to the Galaxy ist eine Art kosmisches Wikipedia, erfunden von Douglas Adams, lange bevor es Wikipedia gab. Weltraumreisende, die nur auf der Erde Aliens genannt werden, durchziehen den Kosmos per Anhalter, aber immer mit Badetuch, und tippen für das gewaltige eBook Hitchhiker’s Guide to the Galaxy ihre Erfahrungsberichte zum Nutzen anderer Reisewillige. Ford Prefect ist so ein Autor. Ihn hat es auf die Erde verschlagen, doch sein Bericht fällt eher kurz aus: "Mostly harmless". Folglich interessiert es den Kosmos nicht, dass die Erde zerstört wird und dabei nur zwei Menschen überleben: Arthur Dent und Tricia McMillan, die sich fortan Trillian nennt, weil das so spacig klingt. Die ganze weitere Geschichte hat Douglas Adams in eine fünfbändige Romantrilogie ausgearbeitet, die hoffentlich niemals Schulpflichtlektüre wird, auf dass jüngere Generationen sie immer wieder neu für sich entdecken: Per Anhalter durch die Galaxis.

Douglas Adams verstarb leider 2001 und so konnte er nicht den sechsten Band der Trilogie schreiben - wobei ich nicht weiß, ob er das überhaupt wollte.

Diese Aufgabe hat Eoin Colfer übernommen. Sein Buch Und übrigens noch was ... setzt die Per Anhalter durch die Galaxis-Reihe fort. In diesem Interview äußert er sich selbst zu seinem Roman:



In der Sciencefiction und Fantasy sind ja solche Fortsetzungen nichts Ungewöhnliches, denn ist ein Universum mit all seinen Charakteren und Eigenheiten erstmal erschaffen und haben sich die Leser daran gewöhnt, ist die Versuchung groß, immer weitere Geschichten in dieser Welt spielen zu lassen. Man kennt das ja auch vom Krimi-Genre. Kommt ein Kommissar gut an, wollen die Leser immer weitere Storys mit ihm lesen.

So begegnen uns also wieder die schrägen Charaktere Arthur Dent, Ford Prefect, Trillian und Zaphod Beeblebrox, sowie neu eine übellaunige Teenagerin namens Random, die Frucht der Liebe Arthurs und Trillians. Eoin Colfer dreht das Rad der Zeit zurück: Die ganze bisherige Geschichte erscheint als großer Traum in einer irgendwie virtuellen Realität. Das bringt unseren Helden aber nicht viel, den die Vogonen in Person von Prostetnik Jeltz  sind schon wieder im Anflug, um die Erde zu zerstören. Diesmal ist es ein originelles Wesen namens Wowbagger, der unsere Helden in letzter Minute rettet. Dieses grüne reptillienartige Alien reist durch das Universum, um jedes empfindungsfähige Lebewesen zu beleidigen - zuerst in alphabetischer Reihenfolge, jetzt eher willkürlich. Als unsterbliches Wesen ist er dieser Aufgabe zwar gewachsen, wird ihr aber allmählich überdrüssig. Der unsterbliche Wowbagger wünscht sich nur noch den Tod. Dies soll der Wikingergott Thor besorgen, zu dem Beeblebrox gute Verbindungen hat, denn nur ein Gott kann einen Unsterblichen töten. Das Versprechen die Wikingergötterwohnstätte Asgard aufzusuchen und Thor zum finalen Hammerschwung zu überreden, ist der Preis den die Helden für ihre Rettung zahlen müssen.

Man merkt an meiner Beschreibung der Ausgangssituation dieser Geschichte schon, woran die Fortsetzung krankt. Bei Douglas Adams trifft der langweilige teeschlürfende Ottonormalengländer auf das unendliche Unversum, in dem alles möglich scheint und nichts mehr produziert wird, weil in einem unendlichen Universum alles Nützliche irgendwo von der Evolution bereitgestellt wird. Douglas Adams macht uns auf lustige Art und Weise klar, wie klein wir sind und was es da draußen alles geben könnte, ohne, dass er dabei auf Mythologie und Metaphysik zurückgreifen muss. Das Universum für sich alleine übertrifft schon unser Vorstellungsvermögen, wir staunen mit Arthur! Eoin Colfer reitet jedoch lieber auf der Fantasywelle. Auch Florian hat schon verdutzt festgestellt, dass in den Schmuddelecken der Buchhandlungen mit den bunten Buchcovern kaum noch Sciencefiction steht, sondern metaphysischer Kram, momentan vor allem in Vampirform. Statt uns also in Erstaunen zu versetzen, nimmt uns Colfer mit auf einer Reise zu den Asen und verwickelt uns in eine Geschichte, die zwar lustig ist, aber deren Ausgang irgendwie nicht weiter interessiert.

Die Kritik klingt jetzt etwas hart. Das Buch hat durchaus seine Highlights, zum Beispiel wenn der hammerschwingende Gott Thor sich nicht mehr unter die Sterblichen traut, weil ein von Zaphod Beeblebrox produziertes peinliches Musikvideo durch das kosmische Youtube-Äquvalent geistert, in dem der Gott im Mieder als Heavymetalrocker auftrat. Das liest sich lustig und niemand soll sich von meiner Kritik den Lesespaß nehmen lassen! Worauf ich hinaus will ist, dass solche Konstruktionen nichts mit dem Universum zu tun haben. Der Humor bei Douglas Adams besteht aus eine Überdehnung des Möglichkeitssinn der Sciencefiction. In der Sciencefiction geht es nicht darum, ob etwas der Fall ist, sondern ob es physikalisch der Fall sein könnte (irgendwann oder irgendwo im Universum). Wikingergötter, die auf einen Eisplaneten leben, gibt es aber schlichtweg nicht! Mir ist dieser Punkt wichtig, denn mit dem Verlust der Sciencefiction geht der Soundtrack, die Bilder, die Geschichten verloren, die den naturwissenschaftlichen Fortschritt (vielleicht sogar die gesamte Aufklärung) ausmalen. Man kann von den Leuten nicht verlangen, nicht an die albernen Geschichten ihrer religiösen Bücher oder an Märchen zu glauben, indem man diesen Geschichten die kalte Faktizität gegenüberstellt. Wir brauchen gute Sciencefiction, weil wir Menschen Geschichten und Bilder brauchen. Daher hat mich dieses Buch enttäuscht und auch gelangweilt, aber nur daher, ich habe auch zwischendurch gelacht.

Übrigens: Meiner ganz persönlichen Meinung nach hat Douglas Adams sein Sciencefiction-Werk mit einem sehr irdischen Thema sogar nochmal übertroffen: Die letzten ihrer Art. Über dieses Buch hält er hier einen wunderbaren Vortrag.

1 Kommentar:

  1. Ohne das Buch gelesen zu haben: die Rezension finde ich super geschrieben.
    Derartiges passiert wohl oft, wenn NichtOriginale versuchen, Werke ihrer "Vorbildner" fortzuführen.... .

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