Der amerikanische Physiker Lee Smolin hat ein Buch geschrieben, in dem er kritisch mit seiner Zunft ins Gericht geht. Genauer gesagt reibt er sich an der Stringtheorie, die in ihrer Dominanz den Fortschritt eher zu behindern scheint. Insbesondere im Bereich der Quantengraviation, also dem Versuch die Allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik zu vereinen, gibt es Ansätze, die über die Leistungen der Stringtheorie weit hinausgeht, wie man zum Beispiel in dem Sachbuch von Martin Bojowald lesen kann: Zurück vor den Urknall.
Auf spektrumdirekt ist nun eine lesenswerte Rezension von Wolfgang Steinicke zu diesem wichtigen Buch erschienen. Er schreibt u.a.:
Der Forscher [Lee Smolin] kritisiert dabei nicht nur die Theorie selbst (wenn es überhaupt eine ist), sondern vor allem den Umgang mit ihr. Das Problem ist "soziologischer" Natur. Schuld ist das dominierende amerikanische Forschungssystem: Wer heute etwas in der Theoretischen Physik werden will, kommt an der Stringtheorie nicht vorbei. Hier wird das meiste Geld reingesteckt - zu Lasten anderer wichtiger Forschungsgebiete wie etwa der Quantengravitation. Das System fördert die "Handwerker" - mathematisch versierte Physiker - und ignoriert die "Seher". Letztere sind kreative Einzelgänger, die sich abseits des Mainstream mit fundamentalen Fragen befassen. Dies wird von den Forschungseinrichtungen, die auf Renommee und Budget achten müssen, nicht honoriert.Die ganze Rezension gibt es hier zu lesen: Sackgasse Stringtheorie?
Das weltweite "Peer-Review" System, bei dem etablierte Physiker über die Einstellung jüngerer Kollegen entscheiden, siebt unorthodoxe Denker, die meist mathematisch weniger versiert sind, gnadenlos aus. Einstein, wohl der größte "Seher" des 20. Jahrhunderts, würde heute wohl scheitern. Gesucht sind angepasste Theoretiker, die sich kritiklos ins Kalkül einspannen lassen. Wer als Post-Doc beruflichen Erfolg will, muss sich heute mit Stringtheorie beschäftigen. Zu ihren Konferenzen werden ausschließlich die eigenen Jünger eingeladen - die Elite pflegt eine strenge Isolation.
Leseprobe:
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