Symbiose - sehr sehr schräg!


Frau Prof. Dr. Aeka Ishihara aus Yokohama in Japan studiert derzeit in Jena die Astronomie in der Literatur der Goethezeit, so berichtet astronews.com. Damit erinnert mich Frau Ishihara sehr an Pschist-i, eine Vyrroc von Tau Ceti, die als Austauschstudentin auf der Erde ausgerechnet Goethe studiert, als hätte unser Planet nicht mehr zu bieten, als den ewigen Weimarer Klassiker. So steht es in dem Roman Symbiose von Uwe Post. Der Physiker und Journalist, der in Faustkeilwurfweite zum Neandertal lebt, hat mit diesem Roman einen sehr schrägen Sciencefiction geschrieben. Erschienen ist das Buch in dem wohl eher kleinen Atlantis Verlag und gäbe es das Schriftsonar nicht, hätte ich ihn glatt übersehen. Das Buch erinnert mich an die besten Satiren von Stanislaw Lem, indem es ein Konzept von der Zukunft konsequent und humorvoll durchspielt. Was bei Lem meist die künstliche Intelligenz und die Roboter sind, ist bei Uwe Post eine bis ins Letzte genetisch veränderte Umwelt, die mit den Menschen in idealer Symbiose lebt. Diese Symbiose ist weit mehr als eine simple Biotechnologie, denn die manipulierten Wesen leben vom Menschen und nutzen ihm zugleich. Die Nerds des Heidelberger Symbiware-Instituts lassen sich die Haarschuppen von Putzergeckos wegfressen, Reinigungsratten fressen den Abfall, Toilettenkröten fressen ... . Mir gefallen am besten die Spamtauben. Allgegenwärtig wie eben Tauben in den Städten sind, gurren sie penetrante Werbebotschaften, weshalb die Bewohner in Posts Deutschland des Jahres 2134 ständig damit beschäftigt sind Spamtauben wegzuwedeln - was doch sehr an das Verhalten der heutigen Internetnutzer erinnert.

Abgesehen von den Spamtauben ist die Welt in Symbiose eigentlich eine "schöne neue". Man betet zu Gaia, wird von Symbionten umsorgt und hat jede Menge Unterhaltung durch ständig wechselnde Kurzzeitstars. Vorangetrieben wird die Handlung ganz klassisch durch die unerfüllte Liebe zweier Männer. Der eine betet die völlig unereichbare Kaiserin an, der andere seine hübsche Kollegin. Letztere verschwindet auf mysteriöse Weise, denn sie scheint einem Staatsgeheimnis auf die Schliche gekommen zu sein: Ein Asteroid in Form eines Hai nähert sich der Erde und die Politiker, allesamt in Pinguin-Kostümen gekleidet, watscheln zum heimlich gebauten Rettungsraumschiff. Das Ganze geht grandios schief, denn da wäre noch eine terroristische Zurück-zur-Technik-Bewegung, die gar nicht mit dem Leben in Harmonie mit Gaia einverstanden ist. Diese Steeldogs, zu denen am besten Rammstein als Soundtrack passt, verüben einen Anschlag auf das Rettungsraumschiff der gesellschaftlichen Elite. So landet die Gesellschaft am Ende im Inneren des Hai und ich will gar nicht verraten, wie es da weitergeht.

Symbiose ist ein kurzweiliger und wirklich witziger Roman für Leser mit schrägem Humor. Dabei ist die von Uwe Post erfundene Zukunft weit mehr, als ein skurriles Hirngespinst. Vieles, was er anklingen lässt, ist uns durchaus vertraut und eine schlichte Extrapolation. Da wären beispielsweise Akademikerinnen, die von weit weit her nach Deutschland kommen, um ausgerechnet das so ziemlich Langweiligste zu studieren, was unser Land zu bieten hat.

Von mir bekommt das Buch drei Smileys:

Bibliographische Angaben zum Buch:

Symbiose
von Uwe Post
Kartoniert
198 Seiten, 2009 Atlantis Verlag
ISBN 978-3-941258-11-2

Kostet derzeit € 12,90

1 Kommentar:

  1. Marc Horstmann21. Mai 2009 um 20:32

    Oh je: wenn die Erkenntnis, dass die Natur via DNA auch nur programmiert ist auf eine Internetgeneration trifft, die versucht alles was sie da gelernt hat nun in die wirkliche Welt umzusetzen - Heilige Mutter Gottes!

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