Kosmischer Bergsturz


Der Südpol von Vesta mit dem großen Zentralberg, Credit: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA/PSI

Derzeit hat der Asteroid Vesta Besuch von einem irdischen Botschafter. Die Raumsonde DAWN befindet sich im Orbit um den 1807 entdeckten und circa 500 Kilometer großen Himmelskörper.  Vesta ist ein Mitglied des Asteroidengürtels, also jener Region zwischen Mars und Jupiter, in der hunderttausende Kleinkörper ihre Bahn um die Sonne ziehen.Vesta gehört zu den größeren Exemplaren, der größte Körper dieser Gegend, Ceres, läuft in der neuen Nomenklatur als Zwergplanet.

Eine überraschende Entdeckung von DAWN ist ein riesiger Berg am Südpol von Vesta. Das Bild oben wurde aus Daten von DAWN errechnet, ist also kein Foto. Die Vertikale wurde um den Faktor 1,5 gestreckt, damit die Topographie deutlicher sichtbar wird. Außerdem wurde Vesta künstlich abgeflacht, denn der Planetoid ist ja sehr klein und der Horizont daher sehr nahe, weshalb ein Großteil der Struktur aus diesem flachen Blickwinkel in Wirklichkeit hinterm Horizont verschwindet.

Was für Ausmaße dieses Gebirge hat, verdeutlicht diese Grafik:

Credit: Russell et. al. (2011), EPSC
Hawaii, der größte Berg auf unserer Erde, gemessen vom Meeresgrund, wird von dem Berg auf Vesta locker in den Schatten gestellt. An den riesigen marsianischen Schildvulkan Olympus Mons kommt er dann aber doch nicht ganz ran. Den Mount Everest übertrifft der Berg auf Vesta in etwa 2,5 mal.

Wie kann so ein riesiger Berg entstehen? Es handelt sich um den Zentralberg eines gewaltigen Einschlagkraters. Vesta wurde in der Vergangenheit von einem anderen großen Asteroiden getroffen. Dabei wurde das Material zunächst stark komprimiert, federte dann aber zurück und erzeugt dabei ein Gebirge im Zentrum des Einschlagkraters. Der wissenschaftliche Leiter der DAWN-Mission, Chris Russell, glaubt, dass genau dieses Ereignis seine Spuren auf unserer Erde hinterlassen hat. Bei der Bildung dieses gewaltigen Berges soll sehr viel Material von Vestas Oberfläche geschleudert worden sein, von dem ein Teil dann auch auf unsere Erde niederging.

Da es im Asteroidengürtel so circa alle 100.000 Jahre zu einem heftigen Zusamenstoß kommt, bei dem Fragmente frei werden, die dann ins Innere unseres Sonnensystems stürzen, ist der Asteroidengürtel die Quelle von Meteoriten, also von Steinen, die vom Himmel fielen. Meteoriten gibt es in verschiedenen Variationen. Bei einer bestimmten Klasse differenzierter Steinmeteoriten wurde schon länger ganz speziell Vesta als Quelle vermutet. Dies ergibt sich aus der spektroskopischen Übereinstimmung des Meteoritenmaterials mit der Oberfläche von Vesta. Laut Chris Russell soll also nun genau die Bildung des Berges die Quelle dieser Steinmeteoriten sein. Ein Indiz dafür könnte das Alter des Berges sein. Da es sich um eine später entstandene Struktur handelt, ist sie vergleichsweise wenig verwittert, das heißt, es finden sich weniger Meteoritenkrater auf ihr, als in der Umgebung. Die Astronomen wollen nun versuchen aus der Dichte der kleinen Krater, die den Berg vernarben, auf dessen Alter zurückzuschließen. Sollte dieses Alter dem Alter der von Vesta stammenden, auf der Erde gefundenen Meteoriten entsprechen, kann man wohl davon ausgehen, genau das richtige Ereignis dingfest gemacht zu haben, das zu diesen Meteoriten geführt hat.

Asteroiden werden als Überbleibsel aus der Bildung unseres Sonnensystems angesehen, sozusagen nicht in richtige Planeten verbautes ursprüngliches Material. Daher besten Asteroiden und die von ihnen stammenden Meteorite aus einer Metall-Stein-Mischung: Metallkörner sind in einer Matrix aus Gestein eingebettet. Genau solche Körper erwartet man in der Entfernung des Asteroidengürtels zur Sonne. Dort ist es kalt genug, damit Metalle und gesteinsbildende Materie aus dem solaren Urnebel auskondensieren konnte, jedoch zu warm für wasserstoffhaltige Eise wie Methan, Ammoniak und Wasser. Letztere Substanzen wurden erst weiter draußen fest und konnten daher in die Asteroiden nicht eingebaut werden (im Grenzbereich entstehen kohlenstoffhaltige Chondrite). Bei Vesta kommt nun aber noch eine Besonderheit hinzu. Vesta ist ein differenzierter Körper, das heißt, im Frühstadium der Entstehung war Vesta so heiß, dass sie geschmolzen war. Dadurch konnte sich das Material nach seiner Dichte trennen. Der Metallanteil sank in das Innere, drumherum bildete sich ein Mantel und eine Kruste aus Gestein. Dementsprechen ähneln die von Vesta stammenden Steinmeteroriten auch sehr unserer Erdkruste. Bei Vesta handelt es sich also weniger um übrigen Bauschutt aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems, als vielmehr um ein Planetesimal, der nicht in einen größeren Planetenkörper integriert wurde.

Hier noch ein Blick auf Vesta von einer größeren Entfernung, genauer aus 15.000 Kilometern. Die Raumsonde DAWN blickt hier auf den Südpol mit dem großen Zentralberg.

Credit: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA
  Übrigens ist Vesta bereits in einem kleinen Teleskop oder Fernglas sichtbar, unter einem sehr dunklen Himmel sogar mit bloßem Auge. Die beste Sichtbarkeit in diesem Jahr, also die Oppositionstellung, wird Vesta allerdings erst am 9. Dezember erreichen.

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