Der Mond und seine Korona

Der Vollmond ist eigentlich ein Ärgernis: Er hellt die Nacht so sehr auf, dass kaum noch andere Himmelsobjekte sichtbar sind und auch der Vollmond selbst ist ziemlich langweilig, denn die Sonne brezelt grell und steil auf seine Oberfläche, so dass sich keine Struktur durch einen kontrastreichen Schatten verrät. Umgekehrt fasziniert gerade der helle Vollmond diejenigen Menschen, die sonst kaum den Kopf in den Nacken legen und dann werden gerne alle möglichen Ereignisse der Nacht mit dem Vollmond in Zusammenhang gebracht und der Mythos Vollmond gedeiht.

Es gibt aber durchaus schöne Effekte, für die der Vollmond zu gebrauchen ist. Sei es die Mondillusion, also der riesenhafte Eindruck, den der horizontnahe Vollmond macht oder auch die lunare Korona. Letztere ist auf dem Bild unten zu sehen, dass ich heute früh gemacht habe:


Der Mond auf dem Bild ist schon nicht mehr ganz rund, da Vollmond ja bereits am Montag war. Man beachte auch die hübsche Schwarzwald-Tanne. Worum es aber eigentlich gehen soll, ist die helle weiße Scheibe, die Aureole genannt wird, und der farbige Rand, die Korona. Auch dieses Bild zeigt das Phänomen:

Quelle: Wikipedia
Was beide Bilder gemeinsam haben ist der feine Nebel vor dem Mond und auf den kommt es an. Das Mondlicht wird nämlich an den Wassertröpfchen des Nebels gebeugt. Was bedeutet das? Interpretiert man Licht als Welle, so hat auch das Licht die Fähigkeit "um die Ecke" zu gehen, ganz so, wie wir es vom Schall oder Wasserwellen gewohnt sind. Man stelle sich beispielsweise eine enge Hafeneinfahrt vor, auf welche die Meereswellen parallel zulaufen. Dann ist es ja nicht so, dass die Meereswellen nur an der schmalen Stelle an den Hafenkai schwappen, die in gerader Linie durch die enge Hafeneinfahrt freie Sicht auf das offene Meer hat. Vielmehr ist es doch so, dass auch links und rechts der engen Hafeneinfahrt das Wasser nicht glatt ist. Die vom offenen Meer kommende Welle, wird also um die Hafeneinfahrt herumgebogen, gebeugt - entsprechend heißt das Phänomen Beugung oder Diffraktion. Dies passiert aber nicht nur bei einer Öffnung, sondern auch bei einem Hindernis.

Im Wellenmodell erklärt man dies so, dass sich von den Kanten eines Hindernisses oder den Kanten einer Öffnung Elementarwellen kugelförmig in den Raum hinter der Öffnung ausbreiten und diese Elementarwellen sich dann überlagen und dabei teilweise auslöschen oder verstärken (man spricht von Interferenz). Auf diese Art und Weise entsteht ein typisches Beugungsbild. Wem das jetzt zu kompliziert ist, der möge sich einfach noch mal einen Schirm (=Hafenmauer) vorstellen, in dem ein kleines Loch (Hafeneinfahrt) reingepiekst wurde. Bestrahlt man den Schirm mit der Öffnung, ist am dahinter liegenden zweiten Schirm ein typisches Ringmuster zu sehen - ein Beugungsbild:

Quelle: Wikipedia
Wie gesagt, statt einer runden Öffnung könnte man auch ein Kügelchen nehmen. Genau so verhalten sich die Wassertröpfchen im Nebel vor dem Mond, deren einzelnen Beugungsbilder sich zu einem großen Bild addieren, die Aureole mit der Korona.

Interessant ist hierbei noch, dass der Winkeldurchmesser der Aureole und der Winkelabstand der Korona von der Wellenlänge L und dem Tröpfchendurchmesser d abhängt und zwar gemäß L/d. Das heißt, um eine große Aureole zu bilden, brauchen wir kleine Tröpfchen. Hier finden wir den ersten Unterschied zu den atmosphärischen Phänomenen Regenbogen und Halo. Diese beiden Effekte entstehen nicht durch Beugung, sondern durch Brechung. Hierbei wird das Licht nicht um die Teilchen "herumgebogen", sondern dringt in die Teilchen ein. Entsprechend braucht es für einen Regenbogen große Wassertropfen und für das Phänomen Halo und Nebensonnen große Eiskristalle - beides in der Größenordnung Millimeter. Um eine Aureole zu bilden, müssen die Nebeltröpfchen aber nur mind. 1/15 mm groß sein, damit die Aureole größer ist, als die Mondscheibe von 0,5 Winkelgraden - eine Aureole, die kleiner als der Monddurchmesser ist, ist natürlich nicht sichtbar.

Wie kommt es aber zur farbigen Korona? Wie gesagt ist der Winkeldurchmesser der Aureole abhängig vom Verhältnis L/d, mit L als Wellenlänge. Das heißt, langwelliges Licht wird stärker gebeugt, so dass der rote Farbanteil des weißen Mondlichts außen liegt. Auch daran kann man eine Aureole mit Korona vom Phänomen Halo (der Brechung an Eiskristallen) oder einem Regenbogen unterscheiden. Bei diesen Phänomenen liegt der rote Farbanteil innen und nicht außen.

Das Beugungsphänomen Aureole und Korona ist vielfältiger und mit dem bloßen Auge auch beeindruckender, als auf den beiden Fotos oben. Gerade wenn also etwas Hochnebel aufzieht, lohnt sich ein Blick zum Vollmond.

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