Endoplanet: Das Alien aus der Tiefe


Lesenswerte Bücher erkennt man daran, dass man sie ein zweites mal entdeckt - idealerweise im eigenen Bücherregal. Mir geht es gerade so mit Frank Schätzings "Der Schwarm", eine empfehlenswerte Lektüre für die kalten Feiertage.

Der Science-Thriller um die unbekannte Tiefsee hat nichts von seiner Frische verloren. Das liegt zum einen daran, dass mir als Süddeutscher die Nordsee eher als Fastfood-Kette bekannt ist und so immer exotisch bleibt und weil Frank Schätzing wirklich interessante Charaktere zeichnet. Ich kann es kaum erwarten, wenn zum ersten mal wieder der distinguierte norwegische Akademiker Johanson auf den kanadischen Biologen Leon Anawak trifft. Der eine lebt selbstzufrieden im französischen Rotwein und Käse, der andere hadert mit seiner Inuit-Abstammung - entgegen der romantischen Fantasie seiner westlichen Umwelt sind die modernen Eskimos ein versoffener Haufen auf verlorenen Posten. Trotzdem müssen beide, Anawak und Johanson, miteinander klar kommen und das Rätsel der großen Bedrohung lösen, will die Menschheit nicht untergehen.

Die Bedrohung kommt in "Der Schwarm" aus der Tiefe und mir gefällt, wie Frank Schätzing hier den unerforschten Ozean mit dem Weltall gleich setzt. Wir wissen nicht wirklich, was sich jenseits der Schelfmeere verbirgt und so kann das Fremde, das Alien, durchaus längst auf unserem Planeten leben, es muss nicht aus dem All kommen. Einer planetaren Erkundungsmission, wie wir sie aus der Raumfahrt kennen, gleicht auch seine Beschreibung einer Tauchfahrt mittels Robotersonde. Die Wissenschaftler, Beobachter und "Piloten" drängen sich auf dem Schiff in einem Container zusammen, als säßen sie in einem engen Raumschiff und "fliegen" über unbekanntes Terrain.

Blöd finde ich es nur, dass Frank Schätzing gerne betont, wir wüssten über das Universum mehr, als über die Meere. Zum einen vergleicht er hier Äpfel mit Birnen, denn natürlich ist beispielsweise der Mars viel leichter zu kartografieren, als die Unterwasserwelt, wenn man den Mars erstmal erreicht hat. Zum anderen stimmt es auch einfach nicht, denn beispielsweise wurde die Tiefsee unter dem Eis auf dem Jupitermond Europa noch gar nie erkundet. Abgesehen davon ist das Universum viel größer als unser Planetensystem. Dazu kommt noch die Komponente, dass Forschung immer an Geldnot leidet. Da ist es nicht gut, wenn man die Neugierde gegeneinander ausspielen will. Jeder Forschungszweig soll für sich Werbung machen, aber nicht auf Kosten anderer.

Das Buch selbst hat alles, was für gute Sciencefiction typisch ist, auch wenn nirgendwo Sciencefiction drauf steht. Da wäre das "Ich weiß nicht was es ist, aber es kommt direkt auf uns zu"-Szenario, gefolgt vom "Geben sie mir den Präsidenten"-Szenario, gefolgt vom "Wissenschaftler verschiedenster Herkunft treffen sich im geheimen Hightec-Labor"-Szenario und zum Schluss leider ein ziemlich schwaches Ende. Das ist eben das tragische an Sciencefiction, sie ist so lange spannend, so lange das Unbekannte noch erforscht werden muss. Ist aber die Katze erstmal aus dem Sack, fällt es den Autoren schwer, ihre Geschichten spannend zu Ende zu bringen. Bis dahin ist aber noch ein weiter Weg durchs Nordmeer, die ich als Leser hier ganz im kuschligen Warmen verbringen kann.

Auf Youtube habe ich noch ein altes Video gefunden, in dem Frank Schätzing ein bißchen Stimmung für sein Buch macht:



Ich vergebe dem Buch drei Smileys, was ziemlich viel ist!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen