So ziemlich alle Blogs und Nachrichtenseiten im Internet haben es nun vermeldet: Dem Weltraumteleskop Hubble gelang es erstmals einen Planeten um einen anderen Stern abzubilden. Ein lesenswerter Artikel findet sich zum Beispiel auf astronews.com: Planet um Fomalhaut fotografiert.
Die Abbildung oben zeigt die Himmelsansicht heute Abend so um Viertel vor Acht in Richtung Süden. Dann kulminiert das Sternbild Südlicher Fisch (Piscis Austrinus) mit dem Hauptstern Fomalhaut. Leider steht das Sternbild im deutschsprachigen Raum aber nur knapp über dem Horizont. Fomalhaut (Alpha Piscis Austrini) ist ein 25 Lichtjahre entfernter Hauptreihenstern, der also, wie unsere Sonne, in seinem Inneren Wasserstoffkerne zu Helium fusioniert. Allerdings zählt er zur Spektralklasse A und ist somit wesentlich heißer und leuchtkräftiger, als unsere Sonne. Die Abbildung oben wurde mit der freien Software Stellarium erzeugt: stellarium.org
Für den großartigen, aber leider 2006 verstorbenen polnischen Sciencefiction-Autor Stanislaw Lem war der Stern Fomalhaut schon immer etwas Besonderes. Er dichtet diesem Planetensystem die Universität Fomalhaut an. Dort hat Professor A. S. Tarantoga einen Lehrstuhl am Institut für vergleichende Astrozoologie, ein Ort des Wissens also, an dem man versucht eine Systematik in die überwältigende Vielfalt des Lebens im Kosmos zu bringen. Der Homos sapiens wird da übrigens unter Monstroteratus furiosus (Gräßel-Wüterich) geführt.
Dieser höhere Unsinn findet sich in einem der Meisterwerke von Stanislaw Lem: "Sterntagebücher". 1971 erstmals in Polen erschienen enthält das Buch die Reiseberichte von Ijon Tichy, eine Art kosmischer Münchhausen, dessen Lügen- oder eben Nichtlügengeschichten Gegenstand der Forschung von Professor Tarantoga sind (Tarantogas Astrozoologisches Institut gehört natürlich zu den Vereinigten Instituten der Tichologie, der Tichographie und der beschreibenden, vergleichenden und prognostischen Tichonomik). In seinen Sciencefiction-Geschichten parodiert Stanislaw Lem den Forschungsbetrieb, den Versuch der Menschen mit Systematik und Ratio den Rätseln des Kosmos zu begegnen ("The Universe is comprehensible", wie es in einem amerikanischen Astronomielehrbuch lakonisch heißt). So erzählt er in seinem anderen Meisterwerk "Solaris" beispielsweise die komplette Geschichte der "Solaris-Forschung" nach. In "Imaginäre Größe" verfasst er Vorwörter und Einleitungen zu wissenschaftlichen Werken, die es noch gar nicht gibt, weil es die zugehörige Wissenschaft noch nicht gibt. In den Sterntagebüchern ist die Sicht Stanislaw Lems auf die Wissenschaft eine eher satirische. Daher sind die meisten Episoden in diesem Buch sehr unterhaltsam. So ist in einer Episode Ijon Tichy gezwungen eine Zone mit hohen Gravitatiosanomalien zu durchqueren. Um sich darauf vorzubereiten nimmt er einen riesigen Wälzer zur Allgemeinen Relativitätstheorie zur Hand (wahrscheinlich Misner, et.al. "Gravitation"). Beim Eintritt in die erste Anomalie ist es ausgerechnet das Lehrbuch, das ihn k.o. schlägt und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf ...
Dieser komische Aspekt der "Sterntagebücher" wurde 2007 sehr originell und eigenwillig für das ZDF umgesetzt: "Ijon Tichy Raumpilot" mit Oliver Jahn und Nora Tschirner in den Hauptrollen.
Diese witzige Serie ist über den Buchhandel auf DVD erhältlich.
Warum Stanislaw Lem ausgerechnet Fomalhaut für den Sitz seiner Universität gewählt hat, ist mir nicht bekannt. Schön, dass wir jetzt ein Foto vom Campus haben, aber schade, dass Stanislaw Lem es nicht mehr sehen kann.
(Lesetipp: Stanislaw Lem, Sterntagebücher, Suhrkamp-Verlag. Derzeit lieferbar unter der ISBN 978-3-518-45534-0. Einfach mal den Buchhändler um die Ecke fragen.)
Der Stern heißt übrigens Fomalhaut. Mir ist das auch erst seit ein paar Tagen bewußt, als ich "Formalhaut" in die Wikipedia eingab und aufgeklärt wurde: "es gibt keinen Artikel mit diesem Namen. Vielleicht suchen sie 'Fomalhaut'?". Tröste Dich, ich hatte es bisher auch immer falsch gelesen.
AntwortenLöschenHallo bartleby,
AntwortenLöschenja, Du hast natürlich recht, danke für den Hinweis, ich habe das gerade geändert. In dem "Lexikon der Astronomie" von Delius Klasing Verlag steht aber tatsächlich Formalhaut, also mit r und dummerweise habe ich die Angewohnheit in dieses Lexikon zuerst zu schauen, weil es so schön handlich ist. So ist mir das r reingerutscht ;-)