Ein merkwürdiges Galaxienpaar: M60 und NGC 4647

Credit: NASA, ESA, Hubble Heritage Team (STScI/AURA)
 Galaxien sind Inseln aus Sternen, Gas und Staub in einem Meer aus Nichts. Da hört die Gemeinsamkeit aber bereits auf, denn Galaxien sind recht individuelle Gebilde. Der menschliche Forschergeist lässt es sich aber nicht nehmen, dennoch eine Klassifikation zu wagen. Die berühmteste Galaxienklassifikation geht auf Edwin Hubble (1889-1953) zurück und wird auch Hubble Sequenz genannt.

Hubble Sequenz, Credit: Ville Koistinen, Wikipedia
Auf der Aufnahme ganz oben sehen wir zwei extreme Vertreter dieser Sequenz nahe beinander stehen. Im Zentrum  eine elliptische Galaxie vom Typ E2 und daneben eine Balkenspiralgalaxie SBc. Die Galaxie im Zentrum wird auch mit der Nummer 60 aus dem Katalog von Charles Messier (1730-1817) bezeichnet, kurz: M 60. Ihr Nachbar hat die Hausnummer 4647 im New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars: NGC 4647.

M 60 erscheint zwar zum Zentrum hin heller, ist sonst aber recht strukturlos: Die Ellipse ist fast kugelförmig und homogen. Es handelt sich bei M 60 um eine riesige Ansammlung alter Sterne und Kugelsternhaufen: 115.000 Lichtjahre im Durchmesser, so hell wie 60 Milliarden Sonnen und im Zentrum vermutlich ein Schwarzes Loch mit vier Milliarden Sonnenmassen.
Die Spiralgalaxie NGC 4647 ist dagegen deutlich strukturiert: Eine flache Scheibe, die wir von oben sehen, durchzogen von dunklen Staubbändern. Sie beherbergt junge Sterne, die sich in Spiralen anordnen und bläulich Leuchten.

 Es ist natürlich kein Zufall, dass wir beide Galaxien auf einem einzigen Foto sehen können. Beide gehören zu einer gewaltigen Ansammlung von Galaxien im Sternbild Jungfrau. Dieser, nach dem Sternbild benannte Virgo-Haufen besteht aus circa 2500 Galaxien und ist etwa 62 Millionen Lichtjahre entfernt. Vermutlich steht die Spiralgalaxie NGC 4647 etwas weiter von uns weg, als M 60.

Der amerikanische Astronom Halton Arp (1927-2013) nahm das Paar in seinem Atlas of Peculiar Galaxies als Nummer 116 auf, abgekürzt Arp 116. In diesem Katalog sind wechselwirkende Galaxienpaare aufgelistet. Es ist aber keineswegs klar, ob die beiden Galaxien sich wirklich gegenseitig bemerken, in dem Sinne, dass sie einander nahe genug stehen, um sich zu beeinflussen. Eine Studie aus dem Jahre 2006 kommt allerdings zu dem Schluss, dass die gegenseitige Berührung durch Gezeitenkräfte dieser beiden Galaxien bereits begonnen hat: Arp 116: Interacting System or Chance Alignment? Wir sind also Zeuge einer sanften intergalaktischen Berührung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen