Der Kugelhaufen im Herkules

Egal wie sehr auch das Wetter zickt, das Sternbild Herkules kündigt den Sommer an. Vier Sterne dieses Sternbildes bilden ein markantes Sternentrapez, das ist der Body des griechischen Muskelhelden.

Herkules ist um 23:00 Uhr MESZ vollständig aufgegangen und steht im Osten zwischen den hellen Sternen  Vega und Arktur.
An seiner rechten Flanke finden wir eines der spektakulärste Objekte der nördlichen Hemisphere, nämlich den Kugelhaufen M 13.

Einen Monat später steht Herkules um diese Uhrzeit aufrecht im Süden. Die Lage  von M 13 ist hier in dieser  mit Stellarium angefertigten Grafik mit "Herkuleshaufen" markiert. 
Und so sieht das Objekt M 13 aus, fotografiert mit einem 8-Zoll-Newton-Teleskop:

Foto: Julian Zoller, Volkssternwarte Schriesheim
Der Bildausschnitt ist so gewählt, dass links im Bild noch die Galaxie NGC 6207 zu sehen ist.

Bei einem Kugelhaufen handelt es sich um einen kugelförmigen Sternhaufen. Dass Sterne in Haufen anzutreffen sind, ist an sich nicht ungewöhnlich, denn wenn eine Gas- und Staubwolke kollabiert, bildet sie gleich mehrere Sterne. Solche Gebilde aus Sterngeschwistern müssen wir aber von den Kugelhaufen unterscheiden. Die Geschwister aus vielleicht hundert Sternen stehen so lose und locker zusammen, dass man von einem Offenen Sternhaufen spricht. Man kann zwischen die Sterne hindurch schauen. Ein Kugelhaufen hingegen ist viel kompakter. Nur am Rand löst er sich in einzelne Sterne auf, hingegen ist die Sternkonzentration zur Mitte so hoch, dass wir einzelne Sterne nicht mehr unterscheiden können. Charles Messier, der den Herkuleshaufen als Nummer 13 in seinen Katalog aufnahm, entdeckte sogar gar keine Sterne, sondern nur einen diffus leuchtenden Nebel. Er schrieb im Jahre 1764: "Nebel ohne Sterne, er ist rund und leuchtend, das Zentrum heller als die Ränder...". Der in Einzelsterne auflösbare Rand von M 13 zeigt eine ausgefranste Struktur, die von den frühen teleskopischen Beobachtern als "haarähnlich aussehende gebogene lineare Arme" (John Herschel) oder "armförmige Anhängsel" (Heinrich Louis d'Arrest) beschrieben wurden.
Kugelhaufen sind also sternreiche Gebilde aus hunderttausend bis Million Mitgliedern, die sich einen sphärischen Raum von nur 150 Lichtjahren teilen. Im Zentrum solch eines Kugelsternhaufens ist die Sterndichte über zehntausend mal so hoch wie in der näheren Sonnenumgebung - was muss das dort für ein gewaltiger Himmelsanblick sein!

Die Kugelhaufen sind sehr weit entfernt und am Himmel nicht gleich verteilt. Wir sehen sie nur in einer Hälfte des Himmels. Anders als die Offenen Sternhaufen sind sie dabei aber auch nicht in der Ebene der Milchstraße konzentriert. Aus diesen Beobachtungen schloss der Astronom Harlow Shapley (1885-1970), dass die Kugelhaufen das Zentrum unserer Milchstraße in einem sphärischen Halo umkreisen. Aus der Tatsache, dass wir sie nur in einem Bereich des Himmels sehen folgt, dass die Sonne sich nicht im Zentrum dieses Halos, also nicht im Zentrum der Milchstraße befinden kann, sondern 25.800 Lichtjahre entfernt. Wem das jetzt zu schnell ging, dem hilft vielleicht diese Grafik:

Kugelsternhaufen (Globular Clusters) umkreisen das Zentrum der Galaxie. Stünde die Sonne im Zentrum der Galaxie, müssten die Kugelhaufen in alle Richtungen etwa gleich häufig vorkommen, was sie aber nicht tun.

 Der Kugelhaufen M 13 im Herkules ist 25.890 Lichtjahre entfernt und etwa 160 Lichtjahre ausgedehnt. Er beinhaltet circa eine Million Sterne mit insgesamt 600.000 Sonnenmassen. Für einen Umlauf um das Zentrum der Milchstraße benötigt der Kugelhaufen 500 Million Jahre.
Kugelhaufen sind die "Ahnen des Universums", da ihre Sterne zehn Milliarden Jahre oder älter sind, also doppelt so alt wie unsere Sonne. Diese Sterne sind chemisch viel einfacher aufgebaut als unsere Sonne, weil es bei ihrer Entstehung kaum massereiche Elemente im Universum gab. Sie mussten sich mit der einfachen Materie aus dem Urknall als Baumaterial zufrieden geben. Alles was hier auf unserer Erde festes Material bildet - Gestein und Metalle - gab es bei der Entstehung dieser Sternmethusalems noch nicht.

Es sind rund 150 Kugelhaufen bekannt, die unsere Milchstraße umkreisen. Man schätzt ihre Zahl aber auf etwa 800. Bei unserer Nachbargalaxie, dem Andromedanebel, kennen wir über 200 Kugelhaufen.

Unter idealen Bedingungen ist M 13 sogar mit dem bloßen Auge zu sehen. In moderner Zeit viel dies zum ersten mal Edmond Halley im Jahre 1714 auf. Damals kannte man noch keine Lichtverschmutzung, nur der Vollmond störte die Astronomen bei der Arbeit. Für den Vorstadthimmel unserer Zeit braucht es schon ein optisches Instrument, um M 13 zu sehen. Dies lohnt sich aber auf jeden Fall!

Literatur: Hans-Ulrich Keller: Kompendium der Astronomie Kosmos-Verlag


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