Könnte man die Wolken beiseite schieben, würde der Nachthimmel derzeit eines der schönsten Sternbilder des nördlichen Himmels offenbaren: Der Schwan (Cygnus), wie er auf dem Band der Milchstraße entlangsegelt. Schön ist das Sternbild allein deswegen, weil es tatsächlich so aussieht wie es heißt. Der helle Stern Deneb markiert den kurzen Schwanz des Vogels, von dem etwas weniger hellen Stern Sadr gehen links und rechts zwei weite Schwingen ab und entlang des Milchstraßenbandes zieht sich der lange Kopf des Vogels, der im Stern Albireo (Beta Cygni) endet. Schon mit einem Fernglas lohnt es sich, diese Figur abzufahren und sich von der Sternfülle der Milchstraße erschlagen zu lassen. Das Bild unten zeigt diesen Himmelsausschnitt:
Bild erzeugt mit Stellarium |
Doppelsterne sind keine Seltenheit, im Gegenteil: Wohl über die Hälfte der Sterne sind Teil eines Paares, das gemeinsam über den Himmel tanzt. Bei Albireo dauert der Tanz um das gemeinsame Massenzentrum mehrere tausend Jahre. Diese Systeme bilden sich aber nicht durch Begegnung oder Kollision! Gemessen an ihrer Ausdehnung sind Sterne extrem weit voneinander entfernt. Wäre unsere Sonne so groß wie eine Grapefruit und würde man sie nach Lissabon legen, dann würde die nächstgelegene Grapefruit auf dem Roten Platz in Moskau liegen - was soll da kollidieren? Doppelsterne haben vielmehr eine gemeinsame Entstehungsgeschichte, sind also Geschwister, die sich aufgrund ihres unterschiedlichen Geburtsgewichts unterschiedlich entwickeln.
Nicht alles, was wie ein Doppelsternsystem aussieht ist allerdings auch eins. Manchmal stehen die Sterne nur zufällig auf einer Linie, sind aber Lichtjahre voneinander entfernt. So etwas nennt man optische Doppelsterne. Den umgekehrten Effekt gibt es aber auch: Die Sterne können sich so nahe sein, dass man sie mit dem Teleskop nicht mehr trennen kann. Erst das Spektrum des Sternlichts verrät ihre wahre Natur, weshalb man von spektroskopischen Doppelsternen spricht. Eine weitere Variante sind photometrische Doppelsterne. Bei diesen auch Bedeckungsveränderliche gennanten Systemen läuft aus unserer Sicht ein Stern vor dem anderen vorbei, wodurch sich periodisch die Helligkeit ändert.
Doppelsterne sind nicht nur für sich interessant - insbesondere wenn die Sterne sogar Materie miteinander austauschen - sie helfen auch Sternmodelle zu prüfen, denn durch die Sternbewegung und den Kepler`schen Gesetzen lassen sich Rückschlüsse auf die Masse und Größe der Sterne ziehen.
Sterne kommen aber nicht nur als Doppelsterne vor, sondern sogar als Mehrfachsternsystem, wie zum Beispiel Alpha Centauri: Hier liegt ein Sternpaar vor, dass von einem dritten Stern umkreist wird. Es geht auch Fälle, in denen sich dieser dritte Stern wieder als Doppelstern entpuppt, also Paare, die Paare umkreisen. Ein Beispiel für solch eine doppelte Paarkonstellation ist Epsilon Lyrae. Auf dem Bild oben ist das der Stern östlich (links) von dem hellen Stern Vega im Sternbild Leier (Lyra).
Wenn also die Wolkendecke jemals aufreißen sollte in diesem Sommer, dann einfach mal Richtung Süden gucken, den Kopf weit in den Nacken legen und erst mal zur Orientierung die hellen Sterne Vega und Deneb suchen. Dann sieht man die Sternfigur des Schwans recht einfach und kann seinen langen Hals entlang nach Albireo Ausschau halten. Nicht alles was wie ein einsamer Stern aussieht ist auch einer.
Literaturtipp: Sterne beobachten in der Stadt
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen