Der Mechanismus von Antikythera

Man stelle sich vor, nicht Carl Benz sondern Archimedes hätte das Auto erfunden und dieses erste Auto geht den Römern beim Transport über das Mittelmeer verloren. Zweitausend Jahre liegt es auf Grund, korrodiert vor sich hin und wird von Sedimenten zusammengebacken. Könnten wir dann heute noch erkennen, dass es sich bei diesem verkrusteten mechanischen Teil einst um ein Auto handelte?

Vor einem ähnlichen Problem stehen die Wissenschaftler beim Mechanismus von Antikythera. Dieses über zweitausend Jahre alte Artefakt wurde zwar schon 1900 gefunden, doch damit anzufangen wussten die Wissenschaftler erst dann etwas, als es ihnen gelang mit zerstörungsfreien Methoden ins Innere zu schauen. In den Siebzigern bediente man sich dafür Röntgenstrahlung, aber erst mit modernen bildgebenden Verfahren gelang es, die ganze Größe zu entdecken, die in diesem rostigen Bronzeklumpen steckt.


In dem Mechanismus steckt vor allem viel Astronomie und Kalenderrechnung: Zum Beispiel Mondphasenanzeige, der Meton-Zyklus und die Sarosperiode. Letztere Periode von 223 synodischen Monaten gibt an, wann auf einer Sonnenfinsternis die nächste folgt, die zu dieser Periode gehört. Gäbe es also zum Beispiel heute eine Sonnenfinsternis, könnten wir nach 223 synodischen Monaten (das sind 18 Jahre und 11,3 Tage) wieder eine Sonnenfinsternis sehen - allerdings wegen dem 1/3-Tag nicht an derselben Stelle, da die Erde ja eine Drittelumdrehung weiter ist. Zudem kann natürlich vorher eine Finsternis aus einer anderen Sarosperiode auftreten. Letztlich dient also die Sarosperiode der Finsternisvorhersage.
Der Meton-Zyklus von 235 synodischen Monaten zeigt, nach wie vielen Jahren sich die Mondphasen wieder mit dem Kalenderdatum (also dem Sonnenlauf) decken. Das heißt, wenn zum Beispiel am 04.03.2011 Neumond ist, ist nach einem Meton-Zyklus wieder an einem 04.03. Neumond, nämlich im Jahre 2030.

Außerdem zeigt der Mechanismus von Kythera an, wann es wieder Zeit für olympischen Spiele wird. Fußball konnten ja die Griechen schon damals nicht ;-)

Ich habe mich mit dem Mechanismus selber noch nicht eingehend beschäftig und will hier vor allem auf das schöne Video von Spektrum der Wissenschaft hinweisen:




Auf der Spektrum-Seite Der Mechanismus von Antikythera stehen noch zwei weitere Videos zum Thema, nämlich über den Versuch, den Mechanismus mit LEGO nachzubauen! Gibt es was, was man mit LEGO nicht machen kann?

Die nature-Redakteurin Jo Marchant hat die neuere Erforschung des Mechanismus von Antikythera als Redakteurin begleitet. Ihr Buch Die Entschlüsselung des Himmels gibt die spannende Geschichte der Entdeckung bis zu den aktuellen Ergebnissen wieder. Das Buch steht auf meiner Liste der noch unbedingt zu lesenden Bücher, denn der von mir sehr geschätzte Hobbyastronom und promovierte Astronomiehistoriker Wolfgang Steinicke hat es euphorisch rezensiert: Die Wundermaschine

Und von wegen Archimedes: Wie in dem Spektrum-Video anklingt könnte der Mechanismus von Antikythera tatsächlich auf Archimedes zurückgehen. Dann würde es mich auch nicht wundern, wenn irgendwo im Mittelmeer ein Archimedes-Auto liegt.

1 Kommentar:

  1. Sehr interessant, vielen Dank! Ich kannte den Mechanismus, wusste aber nicht wieviel man mittlerweile darüber herausgefunden hat. Beeindruckend.
    Bei soetwas frage ich mich immer, was wohl die Antikythera-Mechanismen von heute sind? Wird es in 2.000 Jahren Menschen geben, die über den LHC staunen? Oder reicht ein iPhone, weil wir zwischenzeitlich einbrechen? Oder wird es um was ganz anderes gehen, weil man technologischen Fortschritt als eine wirre Marotte unseres Zeitalters erkannt hat?
    Was würden die alten Griechen wohl denken, wenn sie wüssten, was wir heute mit diesem verrosteten Teil so alles anstellen. Bestimmt wären sie stolz.

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