Kollisionen im All


Kontemplativ könnte die Betrachtung des Sternenhimmels sein, wäre die Katastrophe nicht allgegenwärtig. "Kollisionen im All", so der Titel des derzeitigen Programms im Planetarium Mannheim, finden im Universum ständig und auf allen Größenskalen statt: Von Mikrometeroriten, die Sternschnuppen erzeugen, bis hin zu wechselwirkenden Galaxien.

Das Programm beginnt stimmungsvoll mit einer Zugfahrt in der transsibirischen Eisenbahn. Ein greller Lichtblitz, gefolgt von einem gewaltigen Donner veranlasst am 30. Juni 1908 eine Notbremsung. Der Lokführer befürchtete eine Explosion in seinem Zug. Leider beschreibt die Planetariumsshow dieses Ereignis nur und verzichtet auf Fotografien, die Jahre später gemacht wurden. Dies sei hier mit dem Bild nachgeholt.


Nach dieser Einführung projiziert der Planetariumsprojektor zunächst den aktuellen Sternenhimmel an die Kuppel und startet eine kleine himmlische Führung. Auch wenn man mir nun wirklich nicht mehr den Großen Wagen zeigen muss, genieße ich das doch jedesmal aufs Neue. Für mich ist diese Phase in jeder Planetariumsshow der eigentliche Höhepunkt: Man genießt den unverstellten Anblick auf den Himmel, der Zeremonienmeister markiert einzelne Ausschnitte daraus und erzählt was dazu unter Unterstützung von Dias, kleinen Animationen und Filmchen. Ich brauche dazu gar kein übergeordnetes Thema, der aktuelle Himmelsanblick liefert den Stoff.

Im Programm "Kollisionen im All" wird allerdings der rote Faden wieder aufgenommen. Meteoriten-Krater der Erde werden gezeigt und besonders auf den Asteroiden Apohis eingegangen. Für die Bedrohung durch Kometen steht eindrücklich der Sturz des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf den Jupiter im Jahre 1994. Die Abbildung ganz oben zeigt den in Bruchstücke fragmentierten Kometen vor dem Einschlag. In der Planetariumsshow werden zu diesem Ereignis schöne Videoaufnahmen gezeigt.

Der dokumentarische Höhepunkt der Show sind aber wechselwirkende Galaxien. Zunächst vermittelt das Programm, warum Galaxien viel eher kollidieren, als die Sterne in ihnen. Der mittlere Abstand der Galaxien voneinander ist gemessen im typischen Galaxiendurchmesser viel geringer, als der typische Abstand zweier Sterne gemessen in Sterndurchmessern. Ein Beispiel für ein Paar wechselwirkender Galaxien bilden auf dieser Aufnahme die so genannten Antennen-Galaxien NGC 4038 und NGC 4039.

Der Höhepunkt der Show besteht nun darin, dass eine Computer-Simulation wechselwirkender Galaxien mit Aufnahmen wie der oben überlagert werden. Zunächst handelt es sich ja um eine reine Hypothese, dass es überhaupt Galaxienkollisionen gibt. Diese Prozesse laufen schließlich so langsam, dass sie in ihrer Dynamik nicht verfolgt werden können. Geht man aber von dieser Hypothese aus, kann man sie im Computer modellieren. Was dabei auf dem Bildschirm entsteht findet sich dann auch in der Natur wieder - ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Hypothese.

Eine besondere Galaxienkollision ist unsere eigene. In dem Programm "Kollisionen im All" wird auch eine Simulation gezeigt, wie die Verschmelzung unserer Milchstraße mit dem Andromeda-Nebel aussehen könnte, eine Verschmelzung zur neuen Galaxie Milkomeda. Hier kommt dann nochmal das Planetariumsprinzip zur Anwendung: Ich sehe das zarte Fleckchen am projizierten Sternenhimmel, sehe im Dia wie es im großen Teleskop aussieht und bekomme eine Geschichte erzählt. Leider wird der Anblick des Sternenhimmels für meinen Geschmack zu oft durch kuppelfüllende Animationen und Bilder unterbrochen. Hier geht der eigentliche Reiz des Planetariums verloren, denn diese Bilder und Filme kann ich mir auch auf dem flachen Bildschirm in einer Dokumentation anschauen. Dennoch möchte ich diese Show gerne empfehlen. Sie ist in ihrer Dramaturgie und in ihren Inhalten sehr sehenswert und noch den ganzen Februar hindurch zu sehen.

Auf dem Weg nach Hause riss die Wolkendecke zeitweilig auf und aus einem großen Loch schaute der Orion, blaß und kümmerlich. Es kann einen schon traurig stimmen, dass man ironischerweise in die Stadt gehen muss, um in einem der Astronomie geweihten Tempel einen Nachthimmel zu genießen.

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