Die letzen sieben Minuten der Columbia

Am ersten Februar 2009 jährt sich der Absturz des Space Shuttle Columbia zum fünften mal. Nach der sechzehntägigen Mission STS-107 kamen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre alle sieben Besatzungsmitglieder ums Leben. Ursache war die Beschädigung des Hitzeschildes an der Tragfläche beim Start durch ein herunterfallendes Stück Schaumstoffisolierung.

Eine Gruppe von NASA-Astronauten und Ingenieuren veröffentlichte nun einen vierhundert Seiten starken Bericht, der dieses Unglück nochmals rekapituliert. Ziel des Berichts ist es, Empfehlungen für die Ausrüstung zukünftiger Besatzungen zu geben. Laut diesem "Columbia Crew Survival Investigation Report" lagen vierzig Sekunden Zeit in der das Space Shuttle zunächst außer Kontrolle geriet und schließlich ein tötlicher Unterdruck herrschte.

Eine eindrückliche chronologische Dokumentation der Ereignisse ergibt dieser Zusammenschnitt von Amateuraufnahmen, der den Eintritt des Space Shuttles in Echtzeit wiedergibt: Die letzen sieben Minuten der Columbia.


Mit Debris 1, debris 2, etc. werden in dem Video Bruchstücke bezeichnet. Diese scheinen aber auf die Fluglage des Space Shuttle keinen Einfluss gehabt zu haben, wie sich auch aus dem Funkverkehr ergibt. Erst mit dem Debris A, vermutlich die linke Tragfläche, gerät das Space Shutte außer Kontrolle.

Die sieben Astronauten starben am plötzlich einsetzenden Unterdruck (Hypoxie). Es ist aber durchaus wahrscheinlich, dass sie schon vorher das Bewußtsein verloren, denn wie der Bericht zeigt, waren die Astronauten im Oberkörperbereich nicht ausreichend an den Sitzen gesichert. Als das Space Shuttle außer Kontrolle geriet, wurden die Oberkörper und Köpfe daher heftig hin- und hergeschleudert. Der Bericht kritisiert diesbezüglich auch die Konstruktion der Helme als unzureichend - wobei einer der Astronauten seinen Helm gar nicht trug. Der Unterdruck entstand in der Kabine so plötzlich, dass die Astronauten ihre Helmvisiere nicht rechtzeitig schließen konnten, dabei trugen drei Astronauten aber sowieso keine Handschuhe und konnten ihren Druckanzug so nicht dicht bekommen. Der Anzug selbst hätte sie aber nicht geschützt, denn in dieser frühen Phase des Wiedereintritts herrschen noch Umweltbedingungen vor, für die der Anzug gar nicht ausgelegt ist, wie der Bericht kritisiert. Er hält dem Unterdruck, der Temperatur und den Windgeschwindigkeiten nicht stand. Angenommen, die Astronauten hätten einen besseren Druckanzug gehabt und sie wären so fest mit dem Sitz verbunden gewesen, dass die Beschleunigungskräfte sie nicht getötet hätte, dann hätten sie immernoch bei Bewußtsein sein müssen, um ihren Fallschirm zu verwenden, denn dieser öffnet nicht automatisch.

Es ist sehr fraglich, ob solche Verbesserungen das Leben der Astronauten hätten retten können. Wir sind es aber den Menschen, die als Astronauten ihr Leben riskieren, schuldig, die Hintergründe solcher Unfälle so genau wie möglich zu dokumentieren und zu lernen. Genau das leistet dieser Bericht.

Im derzeit in Entwicklung befindlichen Constellation-Programm der NASA landen die Astronauten wieder in einer Kapsel, so wie zu Apollo-Zeiten und so, wie es Russland mit seinen Sojus-Kapseln heute noch durchführt (und so, wie es die Europäer mit ihrem ATV auch machen könnten, wenn sie mehr Mumm hätten). Die einfachere Aerodynamik der Kapsel bietet hier konstruktionsbedingt mehr Sicherheit.

Die sieben verunglückten Astronauten: Space-Shuttle-Kommandant Rick Husband, Pilot Willie McCool und die Missions-Spezialisten Kalpana Chawla, Laurel Clark, Michael Anderson, David Brown und Ilan Ramon. Letzterer war der erste Astronaut Israels.

Ein letztes Video aus der Kabine des Space Shuttles Columbia findet sich hier.
Der komplette "Columbia Crew Survival Investigation Report" kann hier als PDF runtergeladen werden.

1 Kommentar:

  1. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber das Video mit dem Funkverkehr und die letzten Aufnahmen aus dem Shuttle finde ich extrem beklemmend. Letztlich sieht man Menschen beim Sterben zu. Creepy.

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