Drei Offene Sternhaufen im Fuhrmann


Der Fuhrmann (Auriga) ist ein typisches Wintersternbild, das derzeit sehr hoch am Himmel steht, noch höher als das wohl sehr bekannte Sternbild Orion. Als Sternfigur macht der Fuhrmann nicht viel her, Orion und der Stier (Taurus) sind da wesentlich beeindruckender. Dafür beherbergt der Fuhrmann den Stern Capella, immerhin der sechsthellste Stern am Himmel überhaupt. Bei dem 42 Lichtjahre entfernten Stern Capella handelt sich eigentlich um ein Doppelsternsystem - hier umkreisen sich  zwei Riesensterne (Leuchtkraftklasse III), die eine ähnliche Farbe wie unsere Sonne haben.

Man findet also das Sternbild Fuhrmann, in dem man den auffälligen Himmelsjäger Orion aufsucht und dann noch das Köpfchen etwas weiter in den Nacken legt, bis die helle Capella in das Blickfeld gerät. Diese Karte aus Stellarium zeigt diesen Himmelsanblick, den wir derzeit Abends genießen können.


Südlich der Capella durchzieht das Band der Milchstraße das Fuhrmann-Vieleck. Daher ist es nicht verwunderlich, in diesem Sternbild Offene Sternhaufen zu finden, also große Gruppen von Sterngeschwistern, denn Sterne entstehen in der Milchstraßenebene. Drei Offene Sternhaufen im Fuhrmann liegen so elegant nebeneinander, dass man sie am Teleskop oder Fernglas gerne hintereinander weg beobachtet. Da sie auch noch fast gleich weit von uns entfernt sind, lassen sie sich auch noch wunderbar miteinander vergleichen. Es handelt sich um die drei Sternhaufen mit der Katalognummer M 36, M 37 und  M 38 (der Buchstabe M bezeichnet den Katalog nebelartiger Objekte von Charles Messier). Der vergrößerte Ausschnitt aus Stellarium unten zeigt die Lage der Offenen Sternhaufen, die mit einem offenen Kranz markiert sind:


Man sieht, dass es auch noch jede Menge andere Sternhaufen gibt, die mit dem Katalognamen NGC bezeichnet sind. Auch unsere drei Sternhaufen haben jeweils so eine Nummer, da astronomische Objekte in vielen Katalogen gleichzeitig gelistet sind. Astronomen, insbesondere Amateurastronomen, lieben aber den Katalog von Messier, weshalb der mit M beginnenden Bezeichnung der Vorrang eingeräumt wird.

Wie sehen nun diese Sternhaufen aus? Dieses Foto zeigt M 36 in 4300 Lichtjahre Entfernung:

M 36, Aufnahme von Ole Nielsen, Quelle: NGC7000.org
Hier sehen wir M 37 in 4500 Lichtjahre Entfernung:

M 37, Aufnahme von Ole Nielsen, Quelle: NGC7000.org
Mit einer scheinbaren Gesamthelligkeit von 5,6 mag ist M 37 am Himmel der hellste der drei Haufen und theroretisch (wenn die Nächte wirklich dunkel wären) mit bloßem Auge sichtbar. Alle drei Sternhaufen erscheinen im Fernglas als milchiger Fleck; so schön aufgelöst in Sternen sehen sie nur im Teleskop aus.

Schließlich noch der 3500 Lichtjahre entfernte Offene Sternhaufen M 38 (aufgepasst: Unser Sternhaufen ist der große im oberen Drittel des Bildes, unten sehen wir noch den kleinen Sternhaufen NGC 1907)
M 38, Aufnahme von Ole Nielsen, Quelle: NGC7000.org
Schaut man sich diese drei Bilder an, kann man sich gut vorstellen, dass die Astronomen das Bedürfnis haben, Ordnung hineinzubringen. Eine Klassifikation muss her, die es erlaubt, die einzelnen Offenen Sternhaufen nach einem Schema zu untersuchen und anzuordnen. Eine noch heute gängige Klassifikation entwickelte der Astronom Robert Julius Trümpler (1886 - 1956). Er unterscheidet die Sternhaufen nach drei Merkmalen: Konzentration, Helligkeitsverteilung, Sternreichtum. Jedem Merkmal wird dann eine von drei Abstufungen zugeordnet. Das geht wie folgt:
  1. Konzentration: I bedeutet: starke Konzentration, Haufen hebt sich vom Hintergrund ab; II: etwas schwächer als I konzentriert, aber deutlich vom Hintergrund abhebend; III: Haufen zeigt keine merkliche Verdichtung zum Mittelpunkt; IV: Haufen hebt sich kaum vom Hintergrund ab, wirkt wie eine zufällige Anhäufung von Sternen.#
  2. Helligkeitsverteilung: 1 bedeutet: alle Sterne sind etwa gleich hell; 2: gleichmäßige Verteilung der Helligkeiten über den Beobachtungsbereich; 3: einige helle, viele schwache Sterne
  3. Sternreichturm: p für poor bedeutet: weniger als 50 Mitglieder; m für moderate: 50 bis 100 Mitglieder; r für rich: über 100 Mitglieder
Schaut man sich nach diesem Schema die drei Sternhaufen nochmals an, kommt man zu folgender Klassifikation nach Trümpler:
  • M 36: I3r
  • M 37: I1r
  • M 38:II2r
Der besonders schöne Sternhaufen M 37 zum Beispiel ist demnach also ein stark konzentrierter, sternreicher Haufen aus Sternen gleicher Helligkeit. M 36 ist nicht unähnlich, wird aber von ein paar besonders hellen Sternen dominiert. M 38 hat eine andere Anmutung, da dieser Haufen nicht so konzentriert ist. Apropos Konzentration: Wie muss man sich das denn "vor Ort" vorstellen? Der besonders hübsche Offene Sternhaufen M 37 beinhaltet über 2000 Sterne bei einem Durchmesser von 32 Lichtjahren. Zum Vergleich: In einer um unsere Sonne gedachte Blase mit 24 Lichtjahren Durchmesser tummeln sich 32 bekannte Sterne (darunter Doppelsterne, die wir mit dem Auge nur als einen Stern wahrnehmen, aber auch Sterne, die wir mit bloßem Auge gar nicht sehen können). Der Himmelsanblick in einem Planetensystem innerhalb von M 37 muss also atemberaubend sein. Dass es da schon höheres Leben gibt, ist eher unwahrscheinlich, denn die Sterne von M 37 sind gerade mal vor 350 Million Jahre entstanden.

Literaturtipps- und quellen:
Kosmos Himmelsjahr 2012
Bernd Koch, Stefan Korth: Die Messier-Objekte Kosmos-Verlag
Hans-Ullrich Keller: Kompendium der Astronomie Kosmos--Verlag

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