Diese schöne Simulation zeigt den wechselnden Anblick des Mondes im Jahre 2021. Der Mond zeigt uns immer die gleiche Seite, da er mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit um seine Achse rotiert, mit der er auch um die Erde läuft. Wir sehen also immer das gleiche Mondgesicht, wobei je nach Stellung des Mondes in Relation zur Sonne mehr oder weniger davon beleuchtet ist.
Das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Die Bahn des Mondes ist um 5° gegenüber der Bahn der Erde um die Sonne, Ekliptik genannt, geneigt. Gegenüber der Ekliptik ist die Rotationsachse des Mondes um weiter 1,5° gekippt. Diese beiden Effekte führen dazu, dass uns das Mondgesicht mit +/-6,7° freundlich zunickt. Wir sehen gelegentlich mehr vom Haarschopf oder unter das Kinn. Die Astronomen sprechen von der Libration in der Breite.
Wir sehen aber auch gelegentlich das linke oder rechte Ohr des Mondgesichts. Das ergibt sich daraus, dass die beiden oben genannten Winkelgeschwindigkeiten doch nicht konstant sind. Zwar rotiert der Mond in 27,3 Tagen um seine Achse, doch verändert sich die Geschwindigkeit seiner Bewegung um die Erde. Die Mondbahn ist nämlich nicht perfekt kreisförmig, sondern elliptisch. Die Entfernung des Mondes schwankt zwischen 406.700 und 356.400 Kilometern. Gemäß dem zweiten Keplerschen Gesetz bewegt sich der Mond in Erdnähe (Perigäum) schneller um die Erde. Die Rotation kommt nicht mehr hinterher und wir sehen etwas vom rechten Ohr des Mondgesichts. In der Erdferne (Apogäum) ist es umgekehrt. Die Rotation ist schneller als die Bahngeschwindigkeit und wir sehen das linke Ohr. Astronomen nennen dieses Kopfschütteln Libration in der Länge.
Aus dem Kopfnicken und -schütteln in Kombination mit dem Phasenwechsel entsteht der Anblick des Mondes im Jahreslauf, wie ihn diese Animation vorhersagt.
Dank dieser Libration sehen wir etwa 59% der Mondoberfläche, also 9% mehr, als wir unter einfachsten geometrischen Verhältnissen sehen würden.
Wie kommt es überhaupt dazu, dass die Rotation des Mondes um seine Achse und seine Geschwindigkeit um die Erde so gut aufeinander abgestimmt sind? Solche gebundenen Rotationen sind eine Folge der Gezeitenkräfte und keine Seltenheit in unserem Sonnensystem. Die Gezeitenkraft der Erde verursacht auf dem Mond zwei Berge, genauso, wie auch der Mond in den Ozeanen der Erde zwei Flutberge bildet. Würde der Mond schneller rotieren, als er um die Erde läuft, müsste sich der Mondkörper zweimal pro Rotation unter diesen Gezeitenbergen gewissermaßen durchdrehen. Genauer: Ein Punkt auf dem Mond würde zweimal pro Rotation angehoben. Diese Bewegung verursacht Reibung und kann einen Mond im Inneren erhitzen, wie uns das Beispiel der Jupitermonde Io und Europa lehrt. Diese Reibung bremst die Rotation so lange ab, bis sie im Einklang mit der Umlaufdauer ist. Dann kommt es zu keiner weiteren Bremsung durch die Gezeitenreibung.
Als der Mond sich einst im Orbit um die Erde bildete, rotierte er sicherlich schneller als heute, bis ihn die Gezeitenkraft der Erde auf seine heutige Rotationsgeschwindigkeit runtergebremst hatte.
Video Credit:
- Data: Lunar Reconnaissance Orbiter
- Animation: NASA's Scientific Visualization Studio
Literatur: Hans-Ulrich Keller: Kompendium der Astronomie, Kosmos-Verlag
- Music: Brandenburg Concerto No4-1 BWV1049 (Johann Sebastian Bach), by Kevin MacLeod via Incompetech
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen