Der Hantelnebel im Sternbild Vulpecula
Es ist gar nicht selten, dass berühmte Sternbilder kaum interessante Objekte für kleine Teleskope beinhalten. Umgekehrt finden sich in Sternbildern, die nur erfahrene Himmelsbeobachter finden, zuweilen spektakuläre Himmelsobjekte. So ein Fall ist der Hantelnebel im Sternbild Füchschen (lateinisch Vulpecula).
Das Füchschen ist ein Sommersternbild. Es liegt ziemlich genau in der Mitte in dem von den drei hellen Sternen Deneb, Wega und Atair aufgespannten Sommerdreieck. Wahrscheinlich ist es so wenig bekannt, weil es weder sonderlich groß ist noch zu den 48 klassischen Sternbildern des Ptolemäus gehört. Das Füchschen wurde erst von Johannes Hevelius (1611-1687) als Sternbild "Fuchs und Gans" (Vulpecula et Anser) eingeführt. Spätere Astronomen übernahmen zwar das Sternbild, verkürzten aber den langen Namen.
In diesem kleinen, unscheinbaren Sternbild finden wir den hellsten Planetarischen Nebel des nördlichen Sternenhimmels, den Hantelnebel M27.
In der mit Stellarium erzeugten Himmelsansicht ist die Position des Hantelnebels durch ein blaues Quadrat markiert. Rot dargestellt ist das Sommerdreieck, ein aus drei sehr hellen Sternen gebildeter Asterismus.
Das M in M27 steht für Charles Messier. Dieser Astronom entdeckte den Hantelnebel am 12. Juli 1764 und nahm ihn als Nummer 27 in seinen Katalog nebelartiger Objekte auf. Der Name Hantelnebel (englisch Dumbbell Nebula) geht auf John Herschel (1792-1871) zurück.
M27 ist ein sogenannter Planetarischer Nebel. Diese Bezeichnung ist irreführend, da diese Nebel nichts mit Planeten zu tun haben. In relativ kleinen Teleskopen erscheinen sie rund und kompakt und ähneln damit den Planeten Uranus und Neptun. Dass es sich bei den Planetarischen Nebeln nicht um Planeten handelt, haben auch schon die ersten Beobachter von M27 gewusst, denn anders als ein Planet bewegt sich der Nebel nicht in Relation zu den Sternen. Außerdem sind die Planetarischen Nebel nicht an die Ekliptik gebunden, also an der Ebene unseres Sonnensystems.
Die frühen teleskopischen Beobachter waren der Meinung, dass sich jeder Nebel in Sterne auflöst, wenn man ihn nur mit einem ausreichend großen Teleskop betrachtet. Dass dies bei M27 nicht der Fall sein kann, zeigte der Astronom William Huggins (1824-1910). Ihm gelang die Spektroskopie von M27. Dabei konnte er kein kontinuierliches Spektrum feststellen, wie man es erwarten würde, wenn der Nebel aus Sternen bestehen würde. Es musste sich bei M27 also um einen gewaltigen Gasnebel handeln.
Huggins konnte eine merkwürdige Emissionslinie mit 500,7 Nanometer Wellenlänge nachweisen. Merkwürdig war diese Linie insofern, dass sie keinem bekannten Gas zugeordnet werden konnte. Man postulierte daher ein neues chemisches Element, das man Nebulium nannte. Erst später wurde klar, dass diese Emissionslinie von zweifach ionisierten Sauerstoffatomen stammt. Im Labor können diese Ionen nur bei sehr geringer Dichte erzeugt werden, da sie chemisch sehr reaktiv sind. Astronomen bezeichnen den zweifach ionisierten Sauerstoff als OIII (sprich "Oh 3"). Diesen Sauerstoffionen verdanken wir die grünliche Färbung des Nebels. Weitere prominente Emissionslinien des Hantelnebels sind das bläuliche Licht neutraler, also nichtionisierter Sauerstoffatome und das rote Licht der H-alpha-Strahlung des Wasserstoffs.
Ein sehr heißer Stern im Zentrum des Hantelnebels regt das Sauerstoff- und Wasserstoff-Gas zum Leuchten an. Dieser Stern ist mit einer Oberflächentemperatur von 85.000°C viel heißer als unsere Sonne und somit eine Quelle energiereicher UV-Strahlung, welche die Atome des umgebenden Gases ionisiert. Bei der Rekombination von Ionen und Elektronen entstehen die charakteristischen Emissionslinien.
Bei dem heißen Stern im Zentrum handelt es sich um den kollabierten Kern eines einst deutlich massereicheren Sterns. Astronomen bezeichnen solch ein Objekt als Weißer Zwerg. Der ursprüngliche Stern hat circa 50% seiner Masse verloren, indem er seine äußeren Schichten mit 12 bis 37 Kilometer pro Sekunde wegschleuderte. Dieser Prozess begann vor circa 10.000 Jahren, als die Kernfusion im Kern des Sterns zum Erliegen kam und der Kernkollaps einsetzte. Dieser Kollaps verursachte einen enormen Temperaturanstieg, der den Stern aufblähte, so dass die äußeren Schichten abströmen konnten. Solche Planetarischen Nebel werden von sonnenähnlichen Sternen gebildet. Nach astronomischen Zeitskalen ist ihre Existenz nur von kurzer Dauer. Das sich weiter ausbreitende Gas wird immer dünner und schlechter zu erkennen. Dabei reicht es unsere Milchstraße mit komplexeren Atomen an, wie zum Beispiel den bereits erwähnten Sauerstoff.
Im Sternbild Füchschen befindet sich übrigens ein weiteres Objekt, das für die Astronomiegeschichte bedeutsam ist, nämlich der erste bekannte Pulsar PSR B1919+21. Er wurde im Jahre 1967 von der Astronomin Jocelyn Bell Burnell entdeckt. Da ein Pulsar sehr regelmäßig Radiosignale aussendet, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um ein künstliches Signal handelt. Der Pulsar wurde daher auch LGM-1 (Little Green Man 1) genannt. Heute wissen wir, dass es sich um einen schnell rotierenden Neutronenstern handelt. So wie der Weiße Zwerg im Hantelnebel ist auch dieser Neutronenstern der Überrest eines Sterns. Dieser Vorläuferstern muss allerdings deutlich massereicher gewesen sein, als der Stern, dem wir den Hantelnebel verdanken.
Die Aufnahme des Hantelnebels stammt von Julian Zoller
Aufnahmedaten:
Belichtungszeit: 13h (30s Einzelframes)
Teleskop: Skywatcher 200/1200mm Newton
Kamera: Omegon Kamera veTEC 16000 C Color
Montierung: Skywatcher EQ-6 + Mastrotec Update
Guiding: Nein
Bearbeitet mit Pixinsight und Photoshop
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen