Epsilon Lyrae: Der doppelte Doppelstern


Diese Aufnahme zeigt einen der beliebtesten Doppelsterne am Nachthimmel, nämlich den etwa 160 Lichtjahre entfernten Stern Epsilon Lyrae. Für seine Beliebtheit gibt es zwei gute Gründe:

Epsilon Lyrae ist am Himmel leicht zu finden.
Der Stern selber ist zwar nicht sonderlich hell und mit bloßem Auge bei schlechtem Himmel nicht leicht zu sehen, doch befindet er sich in der Nachbarschaft des sehr hellen Sterns Vega im Sternbild Lyra (dt.: Leier). Auch das Sternbild Lyra ist dank seiner markanten Form leicht auszumachen. Lyra und Vega sind sichere Wegweiser zu dem Stern Epsilon Lyrae.

Zusammen mit den Sternen Deneb und Altair bildet Vega das sogenannte Sommerdreieck. Dieser Asterismus begleitet uns durch die Sommermonate, ist aber auch noch im Herbst am Westhimmel zu erkennen. In der Planetariumsansicht unten ist die Lage von Epsilon Lyrae markiert:



Schon in einem kleinen Teleskop oder Fernglas erkennt man, dass es sich bei dem Stern eigentlich um zwei handelt. Diese beiden Komponenten stehen etwa 208 Winkelsekunden auseinander (zum Vergleich, der Mond ist etwa 1800 Winkelsekunden groß). Schon der Astronom John Flamsteed (1646-1719) hat sie als zwei verschiedene Sterne katalogisiert.
Die beiden Komponenten stehen aber nicht zufällig in unserer Sichtlinie nahe zusammen, sie bilden ein echtes (physisches) Doppelsternsystem, also zwei Sterne, die einander umkreisen.

Ein anderere Grund, warum Epsilon Lyrae so beliebt ist, ist seine doppelte Doppelsternnatur.
Schaut man mit einem größeren Teleskop (ideal ist eine Öffnung von 150mm bis 200mm), dann erkennt man, dass jede der beiden Komponenten von Epsilon Lyrae in zwei weitere Sterne zerfällt. Wir haben es also mit einem Vierfachsternsystem zu tun und genau das zeigt die Fotografie oben sehr eindrucksvoll. Die Sterne sind aus unserer Sicht 2,6 Winkelsekunden entfernt. Sie umkreisen sich vor Ort in einer Entfernung von etwa 140 Astronomischen Einheiten. Zum Vergleich: Der Planet Neptun umkreist die Sonne in 30 Astronomischen Einheiten. Für einen Umlauf benötigen die Sterne etwa 1200 Jahre.

Im Jahre 1985 konnte übrigens noch ein weiterer Stern in diesem System nachgewiesen werden. Es handelt sich also sogar um ein Fünffachsystem. Auch wenn man oft vereinfacht von Doppelsternen spricht, gibt es eigentlich nach oben keine definierte Grenze für die Zahl an solchen Vielfachsystemen beteiligten Sterne.

Doppelsterne sind keine Seltenheit, sondern eher der Normalfall. Unsere Sonne ist zwar nach allem was wir wissen wirklich ein singulärer Stern, doch wird sie immerhin von einem Gasriesen, den Jupiter begleitet, dessen Bahndrehimpuls über 60% des Drehimpulses unseres Sonnensystems auf sich vereint. Eine kollabierende Gas- und Staubwolke muss ihren Drehimpuls verteilen, damit ein kompakter Stern entstehen kann. Die Bildung von mehreren, sich umkreisenden Sternen, ist da eine mögliche Lösung.

Bildautor: Julian Zoller
Grafik: Stellarium
Linktipp: Epsilon-Lyrae

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