Kein Lyrid, sondern ein Leonid Credit: NASA
Es ist an der Zeit, mal wieder von Sternschnuppen zu reden. Jeden Tag sammelt unsere Erde bei ihrem Flug um die Sonne hundert Tonnen Material auf. Dabei handelt es sich um teilweise gerade mal mikroskopisch kleine Staubkörner, die als Meteore in der Hochatmosphäre verglühen. Jetzt kann man sich natürlich fragen, warum unsere Erde in ihren bisher 4,5 Milliarden Umläufe um die Sonne nicht längst den ganzen Staub weggeräumt hat. Es muss wohl eine Meteorquelle geben. Die gibt es, nämlich in Form von Kometen. Diese, gerne als schmutzige Schneebälle bezeichneten Vagabunden des Sonnensystems umkreisen die Sonne auf stark elliptischen Bahnen. Kommen sie der Sonne nahe sublimiert das Eis und bildet eine mächtige Atmosphäre (Koma). Dieser Koma entreißt der Sonnenwind feste Teilchen, die wir als Staubschweif sehen. Man schätzt, dass auf diese Art und Weise ein zehn Kilometer durchmessender Komet nach tausend Durchgängen nahe der Sonne vollständig aufgelöst ist.*) So erklärt sich, dass Meteore nicht einfach willkürlich auftreten, sondern bevorzugt dann, wenn die Erde auf ihrer Bahn solch eine alte Kometenspur kreuzt. Statt mit einzelnen Meteoren haben wir es also mit Meteorschauern (oder Meteorströme genannt) zu tun, die jedes Jahr zur selben Zeit stattfinden. Man kann sogar die Meteore ihrer Kometenquelle zuordnen. In der Zeit vom 16. - 25. April durchfliegt unsere Erde die Staubspur des Kometen C/1861 G1 Thatcher. Laut NASA ist der beste Beobachtungszeitpunkt die zweite Nachthälfte am 22. April, in der mit circa 15 Meteore pro Stunde gerechnet werden kann. Die zweite Nachthälfte ist deswegen immer besonders interessant, weil wir dann in "Fahrtrichtung" der Erde schauen und somit mehr und hellere Treffer der Kamikazestaubteilchen zu erwarten sind.
Da die Meteore eines Meteorstroms eine gemeinsame Quelle haben, ist der Ort, auf dem sie mit unserer Erde kollidieren, recht eng begrenzt. Die Meteore scheinen aus einer Richtung zu kommen, bzw. ihre Leuchtspuren lassen sich zu einem Punkt verbinden, dem sogenannten Radianten. Nicht die Staubquelle Komet, sondern die Lage des Radianten ist namensgebend für den Meteorstrom. Der Radiant des kommenden Meteorstroms liegt im Sternbild Lyra, weshalb der Meteorstrom Lyriden genannt wird. Die Lyra (deutsch: Leier) beherbergt den prominenten Stern Vega und ist daher recht leicht zu finden. Hier eine Skizze der NASA:
Die rote "Sonne" mit ihren Strahlen markiert auf der Skizze den Radiant mit scheinbar von ihm ausgehenden Meteorspuren.
Wer also seine Schlaflosigkeit sinnvoll nutzen will, sollte um den 22. April ganz früh morgens mal zwischen die Sternbilder Lyra und Hercules schauen.
Meteorströme sind Ausdruck dynamischer Prozesse im Sonnensystem. Sie entstehen und dokumentieren den Zerfall von Kometen, sind selber auch vergänglich. Daher ist die Ermittlung der sogenannten Zenithal Hourly Rate (ZHR) eines Meteorstroms eine lohnende und dabei noch relativ einfache Sache, an der sich zahlreiche Amateurastronomen beteiligen. Hier zum Beispiel der Link zum Arbeitskreis Meteore e.V.
*) Zahlenangabe aus Weigert, Wendker, Wisotzki: Astronomie und Astrophysik, Wiley-VCH 2010
Quelle: NASA/JPL
Ein toller Beitrag (wie übrigens viele in diesem blog), der mir als astronomisch Interessierten, jedoch absoluten Laien die Thematik knapp und verständlich näher bringt. Weiter so!
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