Der Mondschwindel im Focus

Credit: NASA
Die Idee, die Mondlandungen der Amerikaner in den frühen siebziger Jahren könnten ein Schwindel gewesen sein, ist mir zum ersten mal begegnet, als irgendjemand im Internet die Anstrengung unternommen hat, sie zu widerlegen. Die Vorstellung, das ganze Apollo-Theater sei inszeniert gewesen ist, einfach zu hirnrissig, als dass irgendein seriöses Medium sie breittreten könnte. Einen neuen Versuch der Widerlegung hat Florian Freistetter (bekannt aus Astrodicticum simplex) unternommen. Für Focus-Online fasst er sachlich und verständlich alle Argumente gegen solch eine Verschwörungstheorie zusammen: Mondlandung oder Illusionstheater?

Man liest entspannt diesen Text, freut sich an den vielen stichhaltigen Argumenten mit denen Florian Freistetter den Mondschwindeltheorien die Luft raus lässt und widmet sich den wichtigeren Dingen auf Focus-Online. Viele andere Menschen sehen das aber nicht so entspannt: Momentan gibt es 53 Kommentare zu dem Artikel und das, obwohl der Autor alles gesagt hat, was man in diesem Rahmen zu dem Thema sagen kann!

Was motiviert die Leser, diese doch eigentlich so klare Sache noch so eifrig zu kommentieren?

Einige Leute scheinen darunter zu sein, die den Text gar nicht gelesen haben. So wenn sie zum Beispiel behaupten, man könnte doch mit dem Hubble-Teleskop nachsehen, obwohl der Autor genau erklärt, warum das nicht geht. Andere Leser plagt ein generelles Misstrauen gegenüber amerikanischer Politik, wenn zum Beispiel kommentiert wird, die Amerikaner hätten auch bei der Ursache (angebliche Massenvernichtungswaffen) des Irak-Kriegs gelogen. Das stimmt, aber sie haben den Krieg nicht im Studio gedreht! Weil man also amerikanischer Politik nicht trauen kann soll plötzlich alles möglich sein?

Interessanter ist da folgendes Argument: Wenn die Amerikaner schon vor vierzig Jahren zum Mond fliegen konnten, warum können wir es heute nicht mehr? Dahinter verbirgt sich ein ziemlich naiver Fortschrittsoptimismus. Wir konnten in den siebziger Jahren schließlich auch mit Überschall über den Atlantik reisen, was heute auch nicht geht und jüngst war (ich glaube auch bei Focus-Online) zu lesen, dass Digitalkameras immer schlechter werden. Wir können zum Mond fliegen, mit Überschall reisen, gute Digitalkameras bauen, wir wollen nur nicht - warum auch immer.

Auch interessant ist eine generelle Misstrauenshaltung vieler Leser gegenüber Autoritäten. Dieser Reflex mancher Kommentatoren ist insofern bemerkenswert, als sich hier etwas ins Gegenteil verkehrt: War die Aufklärung früher auch ein Kampf der Vernunft gegen die Autorität, so ist die Vernunft in ihrer institutionellen Form als Wissenschaft oder Raumfahrtbehörde längst selber Autorität. Sich gegen die Behauptungen der NASA aufzulehnen ist also gewissermaßen ein Akt der aufgeklärten Vernunft, wenn auch in diesem Fall völlig unangebracht. Solche Kommentatoren sind mir aber nicht unsympathisch.

Den Text von Florian Freistetter muss man nicht kommentieren, er hat in seinem schönen Artikel alles zum Thema Mondlandung und Verschwörungstheorie gesagt. Die Kommentare zu seinem Artikel sind aber unter soziologischen Aspekten wirklich erstaunlich und beachtenswert. Wer wissen will, wie Banker, Kaufleute und Versicherungsvertreter über Wissenschaft und Technik denken (oder klugscheißen), wird hier fündig - und wundert sich auch nicht mehr über die Finanzkrise.

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